Kurier

Tödlicher Unfall war ein Mord

Prozess. Zwei Männer starben. Urteil: Zehn Jahre plus Einweisung; nicht rechtskräf­tig

- VON MICHAELA REIBENWEIN

Christophe­r K. ist das, was maninWiene­inHäferlne­nnt: aggressiv und impulsiv. Speziell dann, wenn er getrunken hat. Der 34-Jährige kämpft schon lange mit dem Alkohol, hat (erfolglose) Entzugsbeh­andlungen hinter sich. Am 3. Jänner des Jahres zuckte er wieder aus. Doch diesmal setzte er sich ins Auto, wollte sich selbst umbringen – und tötete zwei unbeteilig­te Männer. Gestern, Montag, wurde der Wiener deshalb wegen Mordes zu zehn Jahren Haft (nichtrecht­skräftig)plusEinwei­sung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her verurteilt. Die Verteidige­rin meldete auch Nichtigkei­t an.

Es ist das erste Mal, dass ein tödlicher Unfall in Österreich als Mord gewertet wur- de. Die Geschworen­en fällten das Urteil nach kurzer Beratung. Der Schuldspru­ch erfolgte mit 7:1 Stimmen. Der Wiener habe bewusst in Kauf genommen, dass bei seiner Wahnsinnsf­ahrt Menschen sterben. Trotz Alkoholisi­erungmit2,3Promillew­arer laut Gerichtsps­ychiaterin SigrunRoss­manithzure­chnungsfäh­ig. Schließlic­h konnte er unmittelba­r davor eine einwandfre­ie WhatsApp-Nachricht verschicke­n, in der er seinen Selbstmord ankündigte. Er leidet an einer Persönlich­keitsstöru­ng, ist deshalb „hochgefähr­lich“– eine Einweisung deshalb nötig.

Eifersucht

Am Tag der Tat hatte der Angestellt­e bereits tagsüber Bier und Sekt konsumiert. Als seine Ex das gemeinsame Kind abholte, eskalierte die Situation. „Ich bin handgreifl­ich geworden“, gibt er zu. „Ich war eifersücht­ig.“Die Polizei wies ihn weg.

Daraufhin setzte er sich ins Auto und trank weiter. Er beschloss,dasser„nichtmehr kann und will“. Dann gab er Gas. „Ich wollte gegen eine Mauer fahren“, sagt er. „Das innere Rasen in mir wurde zu einem äußeren Rasen.“

Er nahm die Cumberland­straße. „Die ist schnurgera­de. Ich habe das Moped schon lange vorher gesehen.“Er fuhraufdem­linkenFahr­streifen mit 102 km/h. Als der Mopedlenke­r links abbiegen wollte, krachte er direkt in ihn hinein. Nur ein kurzes Bremsmanöv­er ging dem zuvor. Der Mercedes prallte mit 97 km/h auf das Moped.

Der Lenker, ein junger Rechtsanwa­lt – er hinterläss­t eine Frau und eine kleine Tochter – schlittert­e mit seiner Vespa gegen mehrere Pkw, kam 50 Meter weiter auf dem Gehsteig zu liegen. Sein Beifahrer, ein Mitarbeite­r der Kanzlei, wurde auf ein Fahrzeugda­ch geschleude­rt – 27 Meter entfernt. Der linke Unterschen­kel wurde abgetrennt. Beide Männer waren auf der Stelle tot. „Ein Geräusch wie ein Bombe“, so beschrieb es eine Zeugin.

Zufallsopf­er

„Das war ein Mord an zwei völlig Unschuldig­en. Jeder von uns hätte zum Opfer werden können“, sagt Staatsanwä­ltin Angelika Linzner. Verteidige­rin Kerstin König gibt zu: „Eine grob fahrlässig­e Tötung ist unbestritt­en. Aber er ist kein Mörder.“Der 34-Jährige hätte keinen anderen Verkehrste­ilnehmer töten wollen. Wer grob fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführ­t, ist mit bis zu drei Jahren zu bestrafen. Auch eine Berauschun­g ist ausschlagg­ebend, wenn dem Täter klar sein musste, dass er in diesem Zustand eine Gefahr darstellt. Tritt der Tod mehrerer Personen ein, beträgt der Haftrahmen fünf Jahre.

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