Tödlicher Unfall war ein Mord
Prozess. Zwei Männer starben. Urteil: Zehn Jahre plus Einweisung; nicht rechtskräftig
Christopher K. ist das, was maninWieneinHäferlnennt: aggressiv und impulsiv. Speziell dann, wenn er getrunken hat. Der 34-Jährige kämpft schon lange mit dem Alkohol, hat (erfolglose) Entzugsbehandlungen hinter sich. Am 3. Jänner des Jahres zuckte er wieder aus. Doch diesmal setzte er sich ins Auto, wollte sich selbst umbringen – und tötete zwei unbeteiligte Männer. Gestern, Montag, wurde der Wiener deshalb wegen Mordes zu zehn Jahren Haft (nichtrechtskräftig)plusEinweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt. Die Verteidigerin meldete auch Nichtigkeit an.
Es ist das erste Mal, dass ein tödlicher Unfall in Österreich als Mord gewertet wur- de. Die Geschworenen fällten das Urteil nach kurzer Beratung. Der Schuldspruch erfolgte mit 7:1 Stimmen. Der Wiener habe bewusst in Kauf genommen, dass bei seiner Wahnsinnsfahrt Menschen sterben. Trotz Alkoholisierungmit2,3Promillewarer laut Gerichtspsychiaterin SigrunRossmanithzurechnungsfähig. Schließlich konnte er unmittelbar davor eine einwandfreie WhatsApp-Nachricht verschicken, in der er seinen Selbstmord ankündigte. Er leidet an einer Persönlichkeitsstörung, ist deshalb „hochgefährlich“– eine Einweisung deshalb nötig.
Eifersucht
Am Tag der Tat hatte der Angestellte bereits tagsüber Bier und Sekt konsumiert. Als seine Ex das gemeinsame Kind abholte, eskalierte die Situation. „Ich bin handgreiflich geworden“, gibt er zu. „Ich war eifersüchtig.“Die Polizei wies ihn weg.
Daraufhin setzte er sich ins Auto und trank weiter. Er beschloss,dasser„nichtmehr kann und will“. Dann gab er Gas. „Ich wollte gegen eine Mauer fahren“, sagt er. „Das innere Rasen in mir wurde zu einem äußeren Rasen.“
Er nahm die Cumberlandstraße. „Die ist schnurgerade. Ich habe das Moped schon lange vorher gesehen.“Er fuhraufdemlinkenFahrstreifen mit 102 km/h. Als der Mopedlenker links abbiegen wollte, krachte er direkt in ihn hinein. Nur ein kurzes Bremsmanöver ging dem zuvor. Der Mercedes prallte mit 97 km/h auf das Moped.
Der Lenker, ein junger Rechtsanwalt – er hinterlässt eine Frau und eine kleine Tochter – schlitterte mit seiner Vespa gegen mehrere Pkw, kam 50 Meter weiter auf dem Gehsteig zu liegen. Sein Beifahrer, ein Mitarbeiter der Kanzlei, wurde auf ein Fahrzeugdach geschleudert – 27 Meter entfernt. Der linke Unterschenkel wurde abgetrennt. Beide Männer waren auf der Stelle tot. „Ein Geräusch wie ein Bombe“, so beschrieb es eine Zeugin.
Zufallsopfer
„Das war ein Mord an zwei völlig Unschuldigen. Jeder von uns hätte zum Opfer werden können“, sagt Staatsanwältin Angelika Linzner. Verteidigerin Kerstin König gibt zu: „Eine grob fahrlässige Tötung ist unbestritten. Aber er ist kein Mörder.“Der 34-Jährige hätte keinen anderen Verkehrsteilnehmer töten wollen. Wer grob fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführt, ist mit bis zu drei Jahren zu bestrafen. Auch eine Berauschung ist ausschlaggebend, wenn dem Täter klar sein musste, dass er in diesem Zustand eine Gefahr darstellt. Tritt der Tod mehrerer Personen ein, beträgt der Haftrahmen fünf Jahre.