Das Buch der Bücher
Gutenberg-Bibel von 1454. Das erste mit beweglichen Lettern gedruckte Buch hat die Welt verändert. Als Nachdruck gibt es das künstlerische Meisterwerk zum 550. Todestag Johannes Gutenbergs im Taschen-Verlag.
Das älteste gedruckte Buch der Welt: Die GutenbergBibel, zwischen 1452 und 1454 mit beweglichen Einzellettern hergestellt, stand am Beginn einer medientechnischen Revolution ohnegleichen. Sie ist das erste bedeutende Werk abendländischer Kultur, das im neuen Verfahren hergestellt wurde. Die hohe ästhetische und technische Qualität macht sie zu einer der größten literarischen Kostbarkeiten überhaupt.
Technisch revolutionär
Als erstes gedrucktes Buch von Bedeutung aus der Mainzer Werkstatt wurde die lateinische Bibel, die Vulgata, in einer Auflage von 180 Stück gedruckt. 140 auf Papier und rund 40 auf Pergament. „Das war schon ein Fortschritt, denn auf Tierhaut kann man keine Massenkommunikation aufbauen“, sagt Stephan Füssel, Professor am Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien in Mainz, im KURIER-Gespräch. „Wobei jedes einzelne Buch von Hand kunstvoll koloriert und reich verziert wurde und somit alle Unikate sind.“
Weil sie in einem 42-zeiligen Layout gedruckt ist, wird die Gutenberg-Bibel auch kurz B-42 genannt. Nur 22 Werke weltweit sind vollständig erhalten, darunter auch jenes der Österreichischen Nationalbibliothek, das zwei unterschiedliche Buchmaler in Wien um 1460 mit Zeichnungen geschmückt haben.
Vorlage für den vom Taschen-Verlag herausgegebenen Nachdruck – um nur 100 Euro, während eine Faksimile-Ausgabe im Jahre 1995 noch 70.000 Schilling gekostethat–istdieGöttinger Gutenberg-Bibel, das einzige komplett erhaltene und auf Pergament gedruckte Exemplar. Als eines der kostbarsten Bücher der Welt ist sie seit 2001 Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes.
Ästhetisch einmalig
„Das ist der Prototyp einer neuen Erfindung, die in ihrer ästhetischen und drucktechnischen Qualität einzigartig ist“, sagt Füssel. Ein Digitalisat in hoher Auflösung ist – wie viele andere Gutenberg-Bibeln – seit dem Gutenbergjahr 2000 online „und wurde bereits 40 Millionen Mal angeklickt“, so Füssel, „stößt also weltweit auf großes Interesse.“
Was heute „ein Monument der Kulturgeschichte ist“,wareinsteinGroßprojekt mit hohem Finanzbedarf für Druckerpressen, Gießmaterial, Druckerschwärze, Papier und 20 Mitarbeiter. Der reiche Mainzer Kaufmann und Geldverleiher Johannes Fust investierte zweimal 800 Gulden. Was einem Gegenwert von ungefähr acht Bürgerhäusern in Mainz entsprach.
Die Hauptschrift des Christentums in der Auflage von 180 identisch gedruckten und individuell illustrierten Exemplaren wurde in nur zwei Jahren hergestellt. Also in einer Zeitspanne, in der vorher ein Mönch im mittelalterlichen Kloster gerade einmal ein einziges Buch abschreiben konnte.
Die Nachfrage war groß, die erste Auflage sofort ausverkauft. „Auch die Kirche hat sofort erkannt, worum es geht“, sagt der Buchwissenschaftler Füssel. „Sie war in hohem Maße daran interessiert, religiöses Wissen zu verbreiten, und daher sehr aufgeschlossen gegenüber der neuen Erfindung.“
Auflage vergriffen
Piccolomini, einer der wichtigsten Humanisten seiner Zeit, Bischof von Siena und späterer Papst Pius II., berichtet in einem Brief von der Frankfurter Messe im Oktober 1454, dass die gesamte Auflage vergriffen gewesen sei. Außerdem über den erstaunlich sauberen und korrekten Satz und Druck auf Papierbögen, der es dem Betrachter sogar ermögliche, die Texte „ohne Brille“zu lesen.
Von Johannes Gutenberg, geboren irgendwann um das Jahr 1400 wahrscheinlich in Mainz, gibt es nicht einmal ein zeitgenössisches Porträt. Das erste Bild entstand erst mehr als 100 Jahre nach seinem Tod.
Als Erfinder der Druckerpresse hat er das Wissen demokratisiert, den ersten Schritt zum Wissen für alle gemacht und so nicht zuletzt Martin Luthers Reformation entscheidend zum Durchbruch verholfen.
Und heute in Zeiten des E-Books? Studien zeigen zweierlei: Gedruckte Bücher – die überwiegende Mehrzahl der Leser gibt noch Print klar den Vorzug – sind den E-Books hinsichtlich Verständlichkeit und Lesegeschwindigkeit nicht überlegen. Und „wer heute liest, der liest heute mehr“, sagt Füssel. „Im deutschsprachigen Raum haben die Leser 2008 elf Bücher gekauft, 2017 waren es 12,6. Es ist doch immerhin erstaunlich, dass jene, die lesen, heute noch mehr lesen als früher.“