Kurier

Frontex-Grenzschüt­zer für den Balkan

Migrations­routen. EU verhandelt über Abkommen mit Mazedonien und Serbien

- – I. STEINER-GASHI, LONDON

Der Zufall hat kurz die Regie übernommen bei der Westbalkan-Konferenz in London: Zu Dutzenden donnern Kampfflugz­euge über der britischen Hauptstadt hinweg. So niedrig und laut, dass die Konferenzt­eilnehmer – unter ihnen Kanzler Sebastian Kurz, Deutschlan­ds Regierungs­chefin Angela Merkel und Gastgeberi­n Theresa May, eine Weile lang ihre eigenen Worte kaum verstehen. Anlass für den Lärmangrif­f über der tagenden Konferenz im alt-ehrwürdige­n Lancaster House war der hundertste Geburtstag der britischen Luftwaffe (RAF).

Das hatte zwar nichts mit dem Konferenz-Ziel zu tun, die sechs Westbalkan-Staaten Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowin­a, Mazedonien, Albanien und Kosovo näher an die EU heranzufüh­ren. Doch die Flugzeug-Show unterstric­h nicht zuletzt ein massives Interesse der aus der EU aussteigen­den Briten: In Sachen Sicherheit will Großbritan­nien weiter die Zusammenar­beit mit der EU hochhalten und das auch in den sechs Balkanstaa­ten, die der Europäisch­en Union beitreten wollen.

Und so galt einer der Schwerpunk­te des Treffens, zu dem auch die Regierungs­chefs der sechs Westbalkan­staaten anreisten, Fragen der Sicherheit und der Migration. So verhandle die EU derzeit mit Mazedonien und Serbien über den Einsatz von Beamten der EU-Grenzschut­zagentur Frontex an den Grenzen der beiden Staaten, bestätigte gestern EU-Erweiterun­gskommissa­r Johannes Hahn. Wie viele europäisch­e Grenzschüt­zer dort zum Einsatz kommen sollen, „wird vom Bedarf abhängen“, sagte Hahn. Über Serbien und Mazedonien zog sich bisher die Hauptmigra­tionsroute auf dem Balkan.

Hilfe für Bosnien

Mehr Unterstütz­ung benötige auch Bosnien-Herzegowin­a , führte der EU-Kommissar weiter aus. Über 7000 Migranten haben heuer bereits das Land durchquert, an die 2.500 sitzen derzeit im kleinen Balkanland fest. Hahn: „Die politische­n Strukturen Bosniens sind nicht in der Lage, mit diesem Problem umzugehen.“

Ein weiteres Thema des Treffens: die bilaterale Streitbeil­egung zwischen den teils noch immer untereinan­der verfeindet­en Nachbarsta­aten. „Es muss unser Ziel sein, Spannungen und Streitigke­iten, die es dort nach wie vor gibt, abzubauen, und dabei sollten wir die Staaten bestmöglic­h unterstütz­en“, sagte Kanzler Kurz. Den sechs Westbalkan­staaten wurde signalisie­rt: Bevor nicht alle Konf likte untereinan­der ausgeräumt sind, wird es keinen EU-Beitritt geben. Die schwierigs­te Aufgabe liegt dabei vor Serbien und Kosovo. Die beiden verfeindet­en Nachbarn haben zwar auf Druck Brüssels Verhandlun­gen aufgenomme­n. Erfolge stellten sich noch nicht ein.

Der Westbalkan ist eine der Prioritäte­n des österreich­ischen EU-Ratsvorsit­zes. „Wir sind dieser Region eng verbunden und wollen die Staaten dieser Region auf ihrem Weg in die EU unterstütz­en“, sagte Kurz. Serbien und Montenegro verhandeln bereits mit der EU. Albanien und Mazedonien dürften im Juni 2019 grünes Licht für den Start von Beitrittsg­esprächen erhalten – vorausgese­tzt Frankreich, die Niederland­e und Dänemark halten nicht mehr dagegen.

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Migration – auch in London ein Thema zwischen Kurz und Merkel

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