Energische Kulturpolitik: Wie man Gesetze missachtet
Wiener Festwochen. Trotz Hochachtung für die neue Stadträtin: Die Ausschreibung der Intendanz ist eine reine Farce.
Veronica Kaup-Hasler, die neue Kulturstadträtin von Wien, ist energisch. Rekapitulieren wir doch kurz die Ereignisse der vergangenen drei Wochen: Im KURIERInterview sagte Kaup-Hasler, dass sie erst nach Ende der Festwochen, also nach dem
17. Juni, mit dem Intendanten über die Zukunft reden wolle. Sie muss ihre Entscheidung aber bereits davor gefällt haben. Denn schon am
18. Juni wurde beschlossen, den Vertrag von Tomas Zierhofer-Kin aufzulösen. Drei Jahre vor dem Auslaufen und um den Preis eines Jahresgehalts (160.000 Euro).
Eine Analyse der Fehlentwicklungen dürfte es nicht gegeben haben. Denn am 25. Juni meldete das profil, dass Kaup-Hasler den Belgier Christophe Slagmuylder gewonnen habe. Die Präsentation folgte am 27. Juni.
Kaup-Hasler konnte ihn abernurinterimistischbeauftragen. Denn Slagmuylder war erst im Februar zum Leiter des Festivals Theater der Welt designiert worden, das im Mai 2020 in Düsseldorf stattfinden wird. Zudem hat einer Bestellung eine Ausschreibung voranzugehen.
Am 4. Juli meldete der Standard, dass Slagmuylder nicht nach Düsseldorf gehen werde. Der Belgier hätte wohl kaum abgesagt, wäre ihm der Intendantenjob in Wien nicht fix versprochen worden. Die Ausschreibung, am 7. Juli veröffentlicht, ist mithin eine Farce. Sicher: Ein Festival konzipiert sich nicht in ein paar Wochen. KaupHasler hätte also nicht auf das Ende der Ausschreibung (15.September)unddieHearings warten können. Aber Andreas Mailath-Pokorny, SPÖ-Kulturstadtrat bis zum Mai, wäre bei gleicher Vorgangsweise massiv kritisiert worden. Es gibt zumindest einen Unterschied: Slagmuylder ist kein Parteikollege – und auch kein Habschi.
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Die ORF-Journalistin Irene Suchy und die Bühnenbildnerin Clarisse Maylunas wollten den komponierenden Frauen Gerechtigkeit widerfahren lassen: Ihre Ausstellung „Musica Femina“in der Orangerie von Schloss Schönbrunn spannt einen Bogen von Sappho über Hildegard von Bingen und Clara Schumann bis zu Madonna. Das Publikum soll nicht nur sehen und hören, sondern auch spüren können, unter welchen Bedingungen weibliches Komponieren stattfindet (täglich 9 –18 Uhr).
Die Eröffnung fand am 4. Juli statt – mit einer Darbietung des Wiener Frauenkammerorchesters. Honorar gab es übrigens keines. Es soll nicht einmal das Taxi bezahlt worden sein, um den Kontrabass zu transportieren. Dass eine solch mutige Schau schwer zu finanzieren ist, steht außer Frage. Aber ist es nicht sonderbar, wenn selbst Frauen Frauen ausnützen? Die Organisatorinnen empfinden den Vorwurf ungerechtfertigt. Denn das Ensemble werde noch einmal auftreten – am 2. September. Und da werde es fair entlohnt werden. Immerhin.