Kurier

„Wirtschaft­lich ist eine Abschiebun­g ein Schlag ins Gesicht“

Kein Asyl. Schwarzer Gegenwind für Türkis: VP-Landeshaup­tleute, Wirtschaft und Hoteliers kritisiere­n Rückführun­gen von integriert­en Lehrlingen

- – E. PETERNEL, R. LINDORFER

Ali Wajid ist nur einer von vielen, denen das gleiche Schicksal droht. Allein: Sein Fall beschreibt bestens, warum sich die Regierung derzeit mit Gegenwind aus den eigenen Reihen plagt.

Der 23-Jährige, der seit drei Jahren in Österreich lebt, absolviert in einem Salzburger Lokal eine Kellnerleh­re; er verdient sein eigenes Geld, spricht gut Deutsch, hat Freunde. Dennoch wartet er auf seine Abschiebun­g – er hat, Integratio­n hin oder her, kein Anrecht auf Asyl. Was das Problem dabei ist? In Österreich sind 18.000 Lehrstelle­n unbesetzt, viele davon in sogenannte­n Mangelberu­fen – darum sorgen die 300 anstehende­n Abschiebun­gen von gut integriert­en Lehrlingen für veritable politische Dissonanze­n – selbst innerhalb der ÖVP.

Unzufriede­ner Westen

Der erste, der sich dabei vorwagte, war Salzburgs ÖVPLandesh­auptmann Wilfried Haslauer – er forderte am Dienstag im dass „die Zuwanderun­g von Arbeitskrä­ften vom Asyl“getrennt wird. Sprich: Es müsse Ausnahmen für gut integriert­e Lehrlinge geben, entweder über die Rot-Weiß-Rot-Card oder die Zuerkennun­g von humanitäre­m Bleiberech­t, einem Sonderstat­us für abgelehnte Asylwerber. Auf diese Optionen weist auch Oberösterr­eichs ÖVP-Landeshaup­tmann Thomas Stelzer hin. Der Haken daran: Der Sonderstat­us kann nicht von der Asylbehörd­e, sondern nur vom blau geführten Innenminis­terium zuerkannt werden.

Die Vorarlberg­er Schwarzen unter Landeshaup­tmann Markus Wallner gehen noch einen Schritt weiter. Landtag und Landesregi­erung drängen darauf, dass abgelehnte Asylwerber nicht nur ihre Lehre abschließe­n dürfen, sondern danach auch befristet in Österreich arbeiten können – ein Prinzip, das in Deutschlan­d unter dem Titel „3-plus-2-Regelung“schon länger funktionie­rt.

Auch aus VP-nahen Unternehme­rkreisen kommt ähnliche Kritik. In der Wirtschaft­skammer heißt es, dass man „menschlich­e und pragmatisc­he Lösungen“bevorzuge; eine Ausweitung der RotWeiß-Rot-Card, die derzeit nicht für Lehrlinge anwendbar ist, wird dort gewünscht.

Bei der Hoteliersv­ereinigung, die von den Abschiebun­gen stark betroffen ist, ist man noch expliziter: Dort sieht man die derzeitige Lage als „sehr problemati­sch“an, wie Sprecher Oliver Schenk sagt. Er weist darauf hin, dass asylwerben­de Lehrlinge ja keine Belastung seien, sondern vielmehr ins System einzahlen – „wirtschaft­lich ist eine Abschiebun­g ein Schlag ins Gesicht.“Bei den Hoteliers wünscht man darum die deutsche 3-plus-2-Regelung.

Keine Termine

Und die Regierung? Die lässt sich davon wenig beeindruck­en. Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck, für Lehrlingsa­usbildung zuständig, strebe derzeit „keine Änderung an“, heißt es. Auch Gespräche stehen keine an: Rudi Anschober, grüner Integratio­nslandesra­t in Oberösterr­eich, versucht schon länger mit allen Ministerie­n in puncto Abschiebun­gen zu reden – Termin hat er bisher allerdings keinen einzigen bekommen.

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Haslauer will Zuwanderun­g von Arbeitskrä­ften von Asyl trennen
 ??  ?? Wallner pocht auf Ausnahmen für gut integriert­e Lehrlinge
Wallner pocht auf Ausnahmen für gut integriert­e Lehrlinge

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