NSU in Deutschland: Zehn Morde aus Hass auf Staat und Ausländer
Prozess. Nach 438 Verhandlungstagen fiel das Urteil: lebenslange Haft für Beate Zschäpe.
Mit den Urteilen im NSU-Prozess endete am Mittwoch nach fünf Jahren einer der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Zehn Morde aus Fremdenhass wurden verhandelt.
Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe, ein Mitglied der NSU, des nationalsozialistischen Untergrunds, wurde vom Münchner Oberlandesgericht wegen Mordes, Mordversuchs, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und schwerer Brandstiftung zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellte eine „besondere Schwere der Schuld“fest, was wohl bedeutet, dass die 43-jährige Zschäpe frühestens in 20 Jahren freikommen kann. Ihre Verteidigung geht in Berufung, doch ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass das Höchstgericht das Urteil kippt. Ihre vier als NSUHelfer und Waffenbeschaffer Mitangeklagten erhielten Haftstrafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren.
Die NSU war erst im November 2011 durch den Selbstmord der beiden Zehnfachmörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aufgeflogen. Sie hatten sich in einem Campingbus umgebracht. Tage später stellte sich ihre gemeinsame Lebensgefährtin Beate Zschäpe, nachdem sie ihr Wohnhaus angezündet hatte.
Das Auffliegen der NSU hatte ein politisches Beben in Deutschland ausgelöst, weil eine rechtsextreme Terrorzelle jahrelang unbehelligt von den Behörden im Untergrund leben und mordend durch die Republik ziehen konnte.
Dubiose V-Männer
Jahrelang hatten die Ermittler zuvor falsche Fährten verfolgtunddenrechtsextremen Hintergrund der zehn Morde an Migranten und an einer Polizistin nicht einmal erwogen. Stattdessen wurden engste Familienangehörige der Opfer als Verdächtige behandelt. Auch die dubiosen Machenschaften von VMännern des Verfassungsschutzes warfen ein schlechtes Bild auf den Geheimdienst, der auf dem rechten Auge blind erschien.
Auch im Prozess, bei dem mehr als 700 Zeugen gehört wurden, taten sich „Abgründe“auf. Zeugen aus der rechtsextremen Szene mauerten. Einer erklärte, er sei Nationalsozialist mit Haut und Haar, ein anderer ließ Hitler- und Göring-Zitate verbreiten. Prozessbeobachter hatten häufig den Eindruck, dass die Toten überhaupt nicht zählten. Denn Frau Zschäpe schien völlig unbeteiligt. Mit ihren drei Pflichtverteidigern sprach sie seit Jahren nicht mehr, dafür verlangte sie zusätzliche neue Pflichtverteidiger, die ihr auch zugestanden wurden, damit es keinen Grund für eine Urteilsaufhebung geben kann.
Bei der Urteilsverkündung waren rechte Provokateure im Saal. Vor dem Münchner Gericht standen Opfervertreter. Viele Türken empfanden die Strafen für die Mitangeklagten als zu gering.