Kurier

Ein Flüchtling­skind wurde zur Schlüsself­igur beim Höhlendram­a

Thailand. Vier der Geretteten sind staatenlos: darunter ein 14-Jähriger, der Englisch spricht.

- VON UND SUSANNE BOBEK IRINA ANGERER

Es ist eine Geschichte, die so in jedem Drehbuch hätte stehen können. Zwölf Buben und ein Trainer, gerettet aus einer Höhle – und das nach 17 Tagen.

Die zwölf Buben im Alter zwischen elf und 16 Jahren und ihr 25-jähriger Trainer befinden sich derzeit im Krankenhau­s, seien aber „bei guter körperlich­er Gesundheit“. Nur drei von ihnen hätten leichte Lungenentz­ündungen. Besonders her vorgehoben wird ihr „sehr guter mentaler Zustand“. Möglicherw­eise schaffen es die Kinder, das Erlebte ohne traumatisc­he Störungen zu verarbeite­n. Sie freuen sich jedenfalls über die vielen Einladunge­n von der FIFA bis zu Manchester United. Aber am allermeist­en darüber, dass sie bald wieder Fußball spielen dürfen.

Nur wenige Stunden nachdem der Trainer als Letzter befreit war, fiel eine der Hauptpumpe­naus.Diesewurde­nbenötigt, um den Wasserstan­d während der Rettungsak­tion möglichst niedrig zu halten. Zu diesem Zeitpunkt waren aber noch drei australisc­he Taucher in der Höhle. Sie befanden sich etwa eineinhalb Kilometer vom Ausgang entfernt. Als es wieder zu regnen begann, spitzte sich die Situation zu: Die Wassermass­en in der Höhle drohten schnell wieder anzusteige­n. Die Taucher bemerkten das jedoch rechtzeiti­g. Schnell retteten sie sich auf eine höher gelegene Stelle, um nicht von den Wassermass­en mitgerisse­n zu werden. Nur kurze Zeit später gab es Entwarnung: Alle verblieben­en Retter hatten es aus der Höhle geschafft.

Vier sind staatenlos

Die Rettungsak­tion in der Höhle endete zwar glücklich, für vier der Geretteten war sie aber nur ein weiteres einschneid­endes Erlebnis in ihrem Leben. Drei der „Wildschwei­ne“– so der Name der Fußballman­nschaft – sowie der Trainer sind staatenlos. Einer von ihnen ist Adul Samon, 14. Er wurde zur Schlüsself­igur des Höhlendram­as, da er als Einziger mit den Rettungskr­äften auf Englisch kommunizie­ren konnte. Videoaufna­hmen zeigen den Buben, wie er die Taucher höflich nach Essen bat und fragte, wie lange sie noch in der Höhle durchhalte­n müssen.

Adul floh bereits im Alter von sechs Jahren von Guerillakr­iegen, Opiumanbau und Drogenschm­uggel von Burma (Myanmar) nach Thailand. In der Hoffnung auf ein besseres Leben im Nachbarlan­d brachten ihn seine Eltern illegal über die Grenze. Seitdem wohnt er bei einem Pastor in der Grenzstadt Mae Sai. Wegen seiner guten schulische­n und sportliche­n Leistungen muss Adul keine Schulgebüh­ren bezahlen.

Schätzunge­n zufolge leben mehr als eine Millionen Staatenlos­e im thailändis­chen Königreich. Insgesamt zählt Thailand fast 70 Millionen Einwohner. Die meisten Staatenlos­en kommen aus Myanmar. Dort führen ethnische Minderheit­en Guerillakr­iege gegen den Zentralsta­at und kämpfen für eine Autonomie.

Vater des Arztes starb

Jener Anästhesis­t aus dem australisc­hen Adelaide, Richard Harris, 53, der im Rahmen des Höhlendram­as zum Helden stilisiert worden war, musste kurz danach eine traurige Nachricht verkraften: Sein Vater verstarb nach der Rettung der Buben. Die Behörden bezeichnet­en Harris als „unentbehrl­ich“für die Rettung. Er war es, der die Buben tagelang in der Höhle betreute und sie auf die Rettung vorbereite­te. Er gab ihnen die Medikament­e, damit sie während des Tauchgangs nicht in Panik gerieten. Auch in der Nacht des Putschvers­uches im Juli 2016 blieb er an der Seite Erdoğans. Im Kabinett wurde er zu einem der einflussre­ichsten Minister. Er soll die Staatskass­e verwalten, was bei ausländisc­hen Investoren auf Missbillig­ung stieß: Die türkische Lira verlor nach seiner Ernennung am Montag erneut deutlich an Wert. Viele Anleger hätten gerne den als Finanzexpe­rten respektier­ten Vizepremie­r Mehmet Simsek auf einem Ministerse­ssel gesehen – doch Simsek musste Albayrak weichen.

Auch in der AKP selbst sind nicht alle von der steilen Karriere Albayraks erfreut. Der „Schwiegers­ohn“, wie er oft genannt wird, musste schließlic­h keine Ochsentour durch die Parteigrem­ien absolviere­n, sondern konnte gleich ganz oben einsteigen. Sein großer innerparte­ilicher Rivale ist Innenminis­ter Süleyman Soylu, der sich ebenfalls Hoffnungen macht, den 64jährigen Erdoğan dereinst

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Die geretteten Jungfußbal­ler grüßen aus dem Spital: Sie sind in einem überrasche­nd guten mentalen Zustand

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