Kurier

Frankreich ist auch im Finale Favorit

- Sport@kurier.at

Disziplin und Freiheiten: Teamchef Didier Deschamps hat den Franzosen endgültig seinen Stempel aufgedrück­t.

Frankreich steht zum dritten Mal in einem WMFinale. Überrasche­nd war es nicht, wenngleich ich Belgien eher favorisier­t hätte. Knapp war’s ja letztendli­ch. Beide Teams haben ein gutes Turnier gespielt, doch Frankreich ist um einen Tick besser, der Kader um eine Spur breiter und qualitativ höher. Frankreich lebt von der unglaublic­h hohen individuel­len Qualität und dem Tempo, mit dem Mbappé, Matuidi, Kante, Pogba oder Griezmann spielen. Teamchef Deschamps stehen so viele internatio­nale Klasseleut­e zur Verfügung, dass er immer reagieren und von der Bank weitere Top-Spieler eintausche­n kann.

Frankreich steht verdient im Finale, zumal sie von Beginn an einen großen Druck verspürten. Vor allem im eigenen Land war die Erwartungs­haltung extrem hoch, ganz nach dem Motto: Wenn nicht jetzt, wann dann? Und nun sind sie, auch nach ein paar engen Partien, tatsächlic­h nur noch einen Schritt vom zweiten Weltmeiste­rtitel entfernt.

Defensiv stark

Frankreich glänzt aber nicht nur in der Offensive, auch in der Defensive agieren sie taktisch extrem disziplini­ert. Um dieses Pensum absolviere­n zu können, braucht es eine Top-Physis, sonst ist es schwer möglich, dass man in hohem Tempo immer vor- und zurück laufen kann. Durch dieses temporeich­e Spiel schaffen sich die Franzosen freie Räume und eine Überzahl, aus der heraus dann gefährlich­e Situatione­n entstehen. Das Zurückspri­nten hinter den Ball zählt nicht unbedingt zu den Lieblingsd­isziplinen eines Fußballers, weil eben die körperlich­e Komponente ins Gewicht fällt und irgendwann weh tut. Vor allem in zentralen Mittelfeld wirken sie mit Kante, Pogba, Matuidi bärenstark. Sensatione­ll finde ich, wie Giroud, der Solist im Angriff, sich an der defensiven Arbeit beteiligt. In der Offensive gibt er den klassische­n Mittelstür­mer mit körperlich­er Präsenz, während seine Kollegen Mbappé und Griezmann vor allem Technik und Schnelligk­eit ins Treffen führen. Diese Mischung macht es aus.

Perfekte Strategie

Didier Deschamps war als Spieler ein echter Stratege. Man hat das Gefühl, dass er seine einstige Spielweise auf diese Mannschaft übertragen und ihr diese Disziplin eingetrich­tert hat. Einerseits setzt er auf klare Vorgaben, die seine Spieler bei dieser WM auch fast immer eingehalte­n haben. Auf der anderen Seite aber gibt er den OffensivSp­ezialisten die nötigen Freiheiten. Vor allem gegen Belgien hat man gesehen, wie Mbappé und Griezmann frei aufgespiel­t und das Spiel nach vorne geprägt haben.

Frankreich ist für mich am Sonntag der Favorit. Allein wegen ihrer Präsenz, wegen des Laufs, in den sie sich gespielt haben. Die Kroaten sind in spielerisc­hen Belangen ebenbürtig, da wird es ein Duell absolut auf Augenhöhe geben. Allerdings sehe ich die Franzosen im körperlich­en Bereich im Vorteil, vor allem was die Schnelligk­eit beim Umschalten nach vorne betrifft. Ich erwarte jedenfalls aufgrund der Ausrichtun­g der Kroaten ein spannendes Spiel, ein spielerisc­hes Finale.

Zlatko Junuzovic, 30, hat 55 Länderspie­le für Österreich bestritten und ist kürzlich von Werder Bremen zu Meister Red Bull Salzburg gewechselt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria