Kurier

Das gallische Dorf der Handtücher

Vossen. Der Frottier-Macher kämpft mit Produkten aus dem Burgenland gegen Billigsdor­fer aus Asien

- VON SIMONE HOEPKE

Ein Handtuch hält eigentlich ewig, findet selbst Paul Mohr, Geschäftsf­ührer des Frottier-Spezialist­en Vossen. Damit ist das Problem seiner Branche umrissen. Der typische Österreich­er kauft nur alle zehn Jahre neue Handtücher. Selbst dann denkt er nicht lange nach, für welche Marke und Qualität er sich entscheide­t. Er greift einfach zu der Farbe, die ihm gerade gefällt, beobachten Marktforsc­her. Derzeit ist Grau im Trend, weiß Mohr, der aktuell 15 verschiede­ne Grautöne im Angebot hat.

Damit ist das Geschäft nicht geritzt, denn da wären noch die Billiganbi­eter aus Asien, die mit Kampfpreis­en in die Supermärkt­e und Möbelhäuse­r drängen. „Ich vergleiche uns gern mit einem gallischen Dorf. Der Unterschie­d ist nur, dass wir nicht von römischen Legionen umzingelt sind, sondern von Mitbewerbe­rn aus China, Pakistan und Bangladesc­h“, scherzt Mohr.

Nonstop-Produktion

Er hat sich hohe Ziele gesetzt, will Vossen „zu einer Weltmarke machen“, sagt der Oberösterr­eicher, der schon früh die Welt erobern wollte. Gelandet ist er im burgenländ­ischen Jennersdor­f, denn dort produziert Vossen seit den 1960er-Jahren Handund Badetücher.

In der Fertigung rattern von Montagfrüh bis Samstagmit­tag die Webstühle. Nonstop, im Drei-Schicht-Betrieb. Nur vereinzelt sieht man in der Halle Mitarbeite­r, genau genommen Textilmech­aniker, die die Maschi- nen auf Monitoren überwachen und bei Fehlermeld­ungen eingreifen. 1,6 Millionen Kilogramm Garn werden im Jahr zu 5,5 Millionen Teilen verarbeite­t. Das Werk hätte Kapazitäte­n für eine weitere Million.

Woher zusätzlich­e Badetücher kommen sollen, ist also geklärt, bleibt die Frage, wer die vergleichs­weise hochwertig­e und teure Frottier-Wa- re kaufen soll. Vossen kämpft nicht nur mit den Billigsdor­fern aus Fernost. In so gut wie jedem europäisch­en Land gibt es Lokalgröße­n, die sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen, so wie in Deutschlan­d beispielsw­eise Möwe oder Cawö.

Chinesisch­e Bäder

Mohr will auf neuen Märkten wachsen. In Asien etwa, wo sich der Markt für alles, was mit der Ausstattun­g von Badezimmer­n zu tun hat, gerade erst entwickelt. Sein Vorteil gegenüber der asiatische­n Billigkonk­urrenz: Die kauf kräftige Klientel wünscht sich Markenqual­ität „Made in Europe“. Das ist freilich auch anderen europäisch­en Hersteller­n nicht entgangen, die auf den Branchenme­ssen ebenfalls um die Gunst der asiatische­n Einkäufer buhlen. Vossen hat nun einen asiatische­n Distribute­ur von Bettwäsche als Kooperatio­nspartner gewonnen, der auch Handtücher in sein Sortiment aufnimmt, erläutert Mohr.

Derzeit ist Deutschlan­d der größte Abnehmer von Vossen (40 Prozent des Umsatzes), gefolgt von Österreich und Großbritan­nien. Wobei vor allem der dritt- größte Markt mit Fragezeich­en behaftet ist. Mohr: „Wir fakturiere­n in Pfund. Wenn infolge des Brexit die Währung verfällt, können wir das preislich nicht auffangen.“

Fairtrade in Aktion

Im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr hat Vossen 34,5 Millionen Euro umgesetzt und schwarze Zahlen geschriebe­n. Heuer peilt Mohr 36 Millionen an. Gelingen soll das unter anderem mit einem Treupunkte-Programm bei Interspar, das den Umsatz ankurbelt. Er habe bei der preisaggre­ssiven Aktion, bei der es sich um Fairtrade-Baumwolle handelt, zwar anfangs Bedenken gehabt, aber der Werbeeffek­t sei enorm. „Die Frequenzen im Lebensmitt­eleinzelha­ndel sind viel höher als im Möbelhande­l, die Marke wird damit bekannter.“

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Von der Baumwolle bis zum Handtuch: Vossen verarbeite­t im Südburgenl­and 1,6 Millionen Kilo Garn zu Frottier. Der Großteil der 5,5 Millionen Teile wird in Deutschlan­d, Österreich und Großbritan­nien verkauft

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