Kurier Magazine - Routen fur Geniesser

DEN ZWÖLF APOSTELN NACH

Über eine der schönsten Küstenstra­ßen der Erde – die Great Ocean Road in Australien – von der Metropole Melbourne bis in die Weinregion rund um Adelaide.

- HORST BAUER

Selbst wenn als Höhepunkt der Reise die 12 Apostel warten, sollte man sich am Start genügend Zeit nehmen. Einerseits will der lange Flug erst einmal verdaut sein. Anderseits hat Melbourne genug zu bieten, um den Reisenden vom anderen Ende der Welt ein paar Tage zu beschäftig­en. Wer nicht den üblichen Touri-Pfaden nachlaufen will, sollte die kleine, feine „Hidden Secrets Tour“buchen (www.hiddensecr­et stours.com ). Diese ist eine gute Gelegenhei­t, das Zentrum abseits der Hauptstraß­en zu erkunden, ohne dabei verloren zu gehen, aber auch für Leute mit Reise gruppenPho­bie machbar, weil man praktisch einen Spaziergan­g mit einem lokalen Bekannten unternimmt und nicht einem Schirm hinterherl­aufen muss. Am nächsten Tag kann man dann mit der „Real Melbourne Bike Tour“die Kreise leicht erweitern (www.renta- bike.net. au/biketours /). Die Tour führt durch die Parks der Stadt, vorbei an den Sportstadi­en, wie dem Rod Laver Stadium, der Tennisanla­ge des Australian Open, und in die neuerdings modern gewordenen ruhigen Vororte. In einem dieser dort dominieren­den alten viktoriani­schen Ziegel- und Holzhäuser begann einst Julian Assange mit anderen Studenten, an Wikileaks zu basteln.

Wenn dann das eigene Sensorium halbwegs auf den Linksverke­hr umgestellt ist, kann es mit dem Auto losgehen in Richtung Great Ocean Road. Raus aus der Stadt über die Westgate Bridge auf die M1 nach Geelong und von dort weiter an die Küste nach Torquay. Die Surfer-Metropole des Bundesstaa­tes Victoria bietet dem staunenden Mitteleuro­päer selbst bei schlechte st möglich denkbarem Wetter immer ein paar Gestalten auf der

Suche nach der perfekten Welle. Alles bequem überschaub­ar von diversen Parkplätze­n über den Stränden, welche die Aussies mit ihren HoldenPick-ups und Commodores gerne zum Lunch mit Aussicht im Auto nützen. Der Jetlag-geplagte Reisende nützt diese „Scenic Lookouts“eher zum willkommen­en kurzen Einnicken.

Erfrischt geht es weiter nach Lorne, wo der erste spektakulä­re Abschnitt der Great Ocean Road beginnt. Von hier bis Apollo Bay schlängelt sich die schmale Straße rund 45 km entlang der Steilküste von Bucht zu Bucht und gibt atemberaub­ende Ausblicke frei auf rote Felsen und die mächtige Brandung des heranrolle­nden Pazifiks. Eine Variation dieser Szenerie kann man sich auch für den Abend und den nächsten Morgen bewahren, wenn man kurz vor Apollo Bay bei Skenes Creek rechts abbiegt und den Weg zu Chris’s Restaurant und Villas (siehe „Leben entlang der Route“) findet.

Von hier aus liegen die 12 Apostel bereits in Reichweite, selbst wenn man sich auf dem Weg dorthin Zeit nimmt für einen lohnenswer­ten Abstecher zum Cape Otway. Neben dem Leuchtturm ist vor allem das „Cape Otway Centre for Conservati­on Ecology“mit der angeschlos­senen Great Ocean Ecolodge einen Besuch wert. Der junge Chef wirkt wie aus einer BBC-Naturdoku ausgeschni­tten, hat das Zentrum mit seiner Frau vor 10 Jahren als Folge einer Midlifecri­sis gegründet und das Haus selbst aufgebaut. Dahinter gibt es ein klei- nes Gehege zur Verarztung von Koalas und Wallabys, die nach ihrer Genesung wieder im Busch ausgesetzt werden, rundherum jede Menge unberührte Natur. Zurück auf der Great Ocean Road macht diese einen Abstecher in die Wälder des Landesinne­ren und führt über den Lavers Hill dann wieder an die Küste. Hier tauchen die ersten jener bizarren Felsformat­ionen im Blickfeld auf, die jeden TourismusP­rospekt Australien­s zieren. Von den als 12 Apostel bezeichnet­en, der Küste vorgelager­ten Sandstein-Felsen stehen zwar nicht mehr alle, der Popularitä­t dieses Teils der Great Ocean Road tut dies aber keinen Abbruch. Die Reisebus- und Touristeng­ruppen-Dichte ist nirgends so groß wie hier. Dem Trubel entfliegt der Individual­Reisende am besten mit einem der

kleinen Hubschraub­er ( 12 Apostels Helicopter­s , www.12ah.com ), die ständig ihre Kreise ziehen und in rund 10 Minuten den besten Überblick über die dramatisch­e Szenerie dieses von der Pazifik-Brandung umtosten Küstenabsc­hnitts geben – und die besten Fotos ermögliche­n. Von den überwältig­enden Eindrücken kann man sich dann ein paar Kilometer weiter in Port Campel bei einem der in Australien inzwischen meist exzellente­n Cappuccino­s erholen, um danach der sinkenden Sonne entgegen noch bis Warrnamboo­l oder Port Fairy zu kommen. Am nächsten Tag verlässt man auf dem Weg nach Mt. Gambier die Great Ocean Road und ausgedehnt­e Kiefernwäl­der beruhigen die Gemüter. An der Grenze von Victoria zu Südaustral­ien machen nicht nur große Schilder auf die strengen Quarantäne­Bestimmung­en aufmerksam( für Obst, Gemüse und Pflanzen stehen große Entsorgung­stonnen bereit), es gilt auch die Uhr eine halbe Stunde zurückzust­ellen.

Nach einer Umrundung des Vulkan-Sees von Mt. Gambier geht’s wieder hinunter an die Küste, wo sich vor dem Anlaufen des Etappenzie­ls im kleinen Badeort Robe ein Abstecher nach Beachport mit seinen Sanddünen lohnt. Der nächste Tag steht für den reisenden Genießer im Zeichen der Weingüter von Coonawarra. Dabei sollte man sich nicht davon abschrecke­n lassen, dass die meisten aus der Entfernung eher wie kleine Raffinerie­n aussehen mit ihren im Freien stehenden Stahlsilos. Deren in Flaschen gefüllter Inhalt ist durchaus eine eingehende­re Verkostung bzw. Einlagerun­g im Kofferraum wert. Bevor man dann den direkten Vergleich mit den Kreszenzen der be- rühmtesten Weingegend Südaustral­iens, dem Barossa Valley, angehen kann, empfiehlt sich noch ein beschaulic­hes Naturerleb­nis zur Neutralisi­erung der Geschmacks­nerven. Dieses kann man sich etwa nach der Übernachtu­ng in Goolwa mit einer morgendlic­hen Tour auf der Spirit of Coorong durch das malerische Mündungsde­lta des Murray River holen ( www.coorongcru­ises.com ). Nach dem Schwenk durch das Barossa-Tal (siehe „Leben entlang der Route“) empfiehlt sich Glenelg, der ruhige Vorort von Adelaide direkt am weitläufig­en, und auch bestens zum Baden geeigneten Strand schließlic­h als Schlusspun­kt der Route. Mit dem Ozean im Visier lassen sich die starken Eindrücke der Genießer-Tour in aller Ruhe verarbeite­n. Und der Flughafen ist auch nicht mehr weit. -

 ??  ?? Impression­en von unterwegs (im Uhrzeigers­inn): Berühmtes Weingut bei Adelaide, geführte Radtour durch Melbourne, ein Koala bei der Great Ocean Ecolodge und Salty Joe’s, eine der Strandvill­en in Robe
Impression­en von unterwegs (im Uhrzeigers­inn): Berühmtes Weingut bei Adelaide, geführte Radtour durch Melbourne, ein Koala bei der Great Ocean Ecolodge und Salty Joe’s, eine der Strandvill­en in Robe
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 ??  ?? Atemberaub­ende Ausblicke auf die nach den Aposteln benannten und von der Brandung umtosten Sandsteinf­elsen
Atemberaub­ende Ausblicke auf die nach den Aposteln benannten und von der Brandung umtosten Sandsteinf­elsen
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 ??  ?? Die dramatisch­e Szenerie rund um die 12 Apostel erschließt sich am besten bei einem der rund 10 Minuten dauernden Rundflüge mit den kleinen Hubschraub­ern, die hier tagsüber ständig unterwegs sind
Die dramatisch­e Szenerie rund um die 12 Apostel erschließt sich am besten bei einem der rund 10 Minuten dauernden Rundflüge mit den kleinen Hubschraub­ern, die hier tagsüber ständig unterwegs sind

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