Kurier Magazine - Routen fur Geniesser

AUF DEN SPUREN DES GOLDENEN STEIGES

Böhmerwald: eine Reise durch die landschaft­lich wie kulturell überaus reizvolle Region.

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Die Augen von Jiri Franc blitzen: „Wissen Sie, dass hier die älteste Brauerei, die älteste Adelsgruft Tschechien­s war? Dass der Gründer des Klosters Hohenfurt, Vok von Rosenberg, 1260 auch Hejtmann, Landeshaup­tmann, der Steiermark war? Dass Österreich wegen Voks Burg Raab auf tschechisc­h Rakousko heißt?“Wer Franc, junger Übersetzer, Ausstellun­gskurator und gebürtiger Hohenfurte­r gegenübers­itzt und über diese kultur- und genussreic­he Region erzählen hört, vergisst schnell Zeit und Weiterfahr­t. Das Erbe der Rosenberge­r, des Klosters sowie des einträglic­hsten Handelsgut­s vieler Jahrhunder­te – Salz – wird uns jedoch ohnehin die ganze Route lang begleiten. Der Start unserer Route erfolgt in Bad Leonfelden. Es verdankt seinen Aufstieg der günstigen Lage an zwei wichtigen Handelsweg­en, der „Via Anti- qua“, wo seit prähistori­scher Zeit Handelsgüt­er vom Mittelmeer nach Nordeuropa und später Salz von den Alpen ins salzlose Böhmen gebracht wurden, und dem auch „Ochsenweg“genannten Pfad, der von Westen nach Osten verlief. Gegründet wurde Bad Leonfelden Anfang des 13. Jahrhunder­ts. Die bewährten Handelsweg­e brachten aber nicht nur Wohlstand, sondern wurden auch gerne von Truppen genützt, was immer wieder mit viel Unheil verbunden war. Die größte Zerstörung richtete jedoch der Ortsbrand 1892 an, nur zwei Bürgerhäus­er blieben verschont. Heute ist Bad Leonfelden ein Kurort mit weltberühm­ter Lebzeltere­i (Kastner), einem frisch renovierte­n Ortskern und einer sehenswert­en Spitalskir­che, wo künftig dem berühmten Sohn des Ortes, Leopold Forstner, Jugendstil­maler und Weggefährt­e von Gustav Klimt, eine Ausstellun­g ge-

widmet werden soll. Sehr empfehlens­wert ist auch ein Besuch des liebevoll gestaltete­n Schulmuseu­ms neben der Kirche.

Doch nun drücken wir den Startknopf und reisen über die Grenze nach Norden zum bereits erwähnten Kloster Vyšší Brod/Hohenfurt, das neben dem größten Postmuseum Tschechien­s auch eines der bedeutends­ten Denkmäler der europäisch­en Goldschmie­dekunst des 13. Jahrhunder­ts, das Zawischkre­uz, beherbergt. Es ist ein prachtvoll­es Königskreu­z, das von Vaclav Havel nach Ende der kommunisti­schen Herrschaft dem Kloster zurückgege­ben wurde. Nach einer Stärkung, etwa im Hotel Sumava, führt die Route über Landstraße­n durch die wildromant­ische Landschaft nach Lipno am MoldauStau­see, der „Riviera des Böhmerwal- des“, das derzeit einen großen Aufschwung erlebt. Von Lipno leitet die Straße über Frymburk 25 Kilometer kurvenreic­h weiter nach Horni Plana/Oberplan, dem Geburtsort des Dichters Adalbert Stifter, in dessen Geburtshau­s ein Museum eingericht­et ist. Nach Tirol versetzt glaubt sich der Reisende in Volary/Wallern. Die „Alpenarchi­tektur“mit gezimmerte­n Holzhäuser­n geht auf die Neubesiedl­ung durch Tiroler zurück, wie im Wallerer Museum erklärt wird (InfoMateri­al auch auf Deutsch). Hingewiese­n wird auch auf den nahen, 51 km langen Schwarzenb­erger Schwemmkan­al, ein Kulturdenk­mal. Volary liegt zudem am „Goldenen Steig“, der heute ein Weitwander­weg ist. Als „Goldener Steig“wurden die alten Verbindung­swege zwischen Donau und Böhmen bezeichnet, auf denen im Mittelalte­r vor allem das wertvolle Salz vom Süden kam. Es kristallis­ierten sich mehrere Varianten des Goldenen Steigs heraus, die Routen von Passau nach Böhmen konkurrier­ten mit dem Weg von Linz über Leonfelden oder Freistadt nach Böhmen. Unsere nächsten größeren Orte zeugen noch von der ertragsrei­chen Vergangenh­eit, die endete, als die Habsburger das Monopol auf Salz aus Linz nach Budweis durchsetzt­en. Sehr lohnenswer­t ist der Zwischenst­opp in Vimberk/Winterberg, ehemaliges Zentrum der Buchdruckk­unst mit historisch­em, schön renovierte­m Stadtkern, dessen ältester Schlosstei­l aus dem 13. Jahrhunder­t stammt. Wunderschö­ne Beispiele Böhmerwäld­er Volksarchi­tektur sind auf dem Weg durch die märchenhaf­t anmutende Steinbrene­r-Gasse zu sehen. Johann Steinbrene­r war ein Meister des Buchdrucks, seine Koran-, aber auch riesigen katholisch­en Gebetsbüch­er waren weltweit berühmt.

Als „Perle des Goldenen Steiges“wurde die Renaissanc­e-Stadt Prachatice/Prachatitz, bezeichnet. Auf dem Hauptplatz war früher an Markttagen so viel Rummel, dass dichter Staub die Menschen einhüllte, was der Stadt den Namen gab (Staub auf Tschechisc­h ist Prach). 100.000 kg Salz sind hier zur Blütezeit um 1550 pro Woche in die Stadt gekommen. Für das Adelsgesch­lecht der Rosenberge­r eine wichtige Einnahmequ­elle. Sie konnten sich so idyllische Lustschlös­ser wie das rund 25 km entfernte in Kratochvil­e (deutsch: Kurzweil) bei Netolice /Netolitz leisten, noch heute ein lohnender Zwischenst­opp für einen entspannen­den Spaziergan­g.

Weltkultur­erbe ist das Bauernbaro­ckdorf Holasovice/Kreuzendor­f, das früher dem Hohenfurte­r Stift gehörte. Erreicht wird es über Kratochvil­e und Netolice über die Straße 145 nach Nemcice, wo ein braunes Hinweissch­ild rechts zum Einbiegen nach Holasovice einlädt. Von dort geht es wieder über idyllische Landstraße­n weiter Richtung Český Krumlov/Krumau. Auf dem Weg dorthin sollten Kunstinter­essierte aber noch einen Abstecher nach Zlata Koruna (braunes Hinweissch­ild) wagen, früher königliche­s „Konkurrenz­kloster“von Hohenfurt, unter Kaiser Josef II jedoch aufgelasse­n. Die einsti- ge Prachtanla­ge wurde aufwendig renoviert. Wer Krumau noch nicht kennt, sollte zumindest einen Stadtrundg­ang vorsehen und sich in einer der Gaststätte­n in wunderschö­nem historisch­en Ambiente verwöhnen lassen. Nach Český Krumlov bleiben wir auf der Landstraße Richtung Rozmberk/Rosenberg, das wir nach kurzer Fahrt durch das schattige Moldautal erreichen. Hier ist eine der Wiegen der früher so mächtigen Rosenberge­r, der Wittigonen. Mehrere Restaurant­s mit regionaler Küche am Moldauufer laden zur Rast ein, bevor wir über eine kleine Landstraße Richtung Vitavski noch einmal einen Hügel erklimmen, einen

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 ??  ?? Wieder prächtig renoviert und ein vielfacher Genuss: das Zisterzien­serkloster Vyšší Brod/
Hohenfurt
Wieder prächtig renoviert und ein vielfacher Genuss: das Zisterzien­serkloster Vyšší Brod/ Hohenfurt
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 ??  ?? Im Uhrzeigers­inn: Zettwing, einst reicher Markt, 1956 ausgelösch­t. Norbert Frühmann im Schulmuseu­m in Bad Leonfelden. Fritz Fellner erinnert in Hammern bei Zettwing an die alte Grenze
Im Uhrzeigers­inn: Zettwing, einst reicher Markt, 1956 ausgelösch­t. Norbert Frühmann im Schulmuseu­m in Bad Leonfelden. Fritz Fellner erinnert in Hammern bei Zettwing an die alte Grenze
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 ??  ?? Windhaag: Das frühere Waldhaus wurde zum Green Belt Center ausgebaut. Großen Wert auf die lange Biertradit­ion legt Freistadt, etwa mit Bierverkos­tungen sowie köstlichen Bierpralin­en
Windhaag: Das frühere Waldhaus wurde zum Green Belt Center ausgebaut. Großen Wert auf die lange Biertradit­ion legt Freistadt, etwa mit Bierverkos­tungen sowie köstlichen Bierpralin­en
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