MODE & KUNST: Eine gegenseitig vorteilhafte Kooperation
Immer wieder lassen sich berühmte Modeschöpfer von Meisterwerken der bildenden Kunst inspirieren und entwerfen herausragende Kollektionen. Und manchmal werden Kleidung und Accessoires zu Kunstwerken.
L’Officiel Hommes Austria hat sich mit den Prototypen, Kollektionen und Ereignissen befasst, die die gegenseitig vorteilhafte Allianz zwischen Mode und Kunst beeinflusst haben, sowie mit den jüngsten Kollaborationen.
AUF DER SUCHE NACH INSPIRATION
Beginnen wir mit einer Reise in die Vergangenheit – zurück ins alte Rom, wo Kleidung die soziale Hierarchie widerspiegelte. Bestimmte Kleidungsstücke und Farben waren ein Zeichen für den jeweiligen Status einer Person. Im Mittelpunkt der römischen Herrenbekleidung standen zwei Arten von Kleidungsstücken: die Tunika – der untere Teil, und die Toga – der obere Teil. Die Tunika bestand aus einem rechteckigen Stoffstück und wurde in der Taille mit einem Gürtel zusammengebunden. Je reicher und edler ein Mann war, desto üppiger und erlesener war die Verzierung des Gewandes mit Stickereien und Ornamenten. Die Tunika der Frau unterschied sich nicht von der des Mannes, allerdings war ihre Grundstruktur Drapierung des Stoffes. Frauen trugen ein langes, ärmelloses Kleid über der Tunika. Es scheint, als sei dieses Motiv längst in Vergessenheit geraten, und nur die majestätischen Statuen und Mosaike aus der römischen Antike erinnern noch daran. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kreierte die Französin Madeleine Vionnet jedoch einen Stil, in dem Elemente der hellenischen Bildhauerei und Architektur in der Kleidung wiederzufinden waren. Mit Hilfe von Drapierungen, geometrischen Formen und schrägen Schnitten revolutionierte die Designerin die moderne Mode. Ein weiterer Modereformer ist Cristobal Balenciaga. Der Designer war immer besonders von der spanischen Renaissance beeindruckt. Der Designer suchte nach Ideen in den Kirchengegenständen und Klosterkleidung aus dieser Epoche. Er ließ sich auch von den Werken des Manieristen El Greco inspirieren, insbesondere von dessen Gemälde „Kardinal Fernando Niño de Guevara“. Er übernahm die leuchtenden Farben und den Schnitt der Ärmel und des Kragens der Gewänder der Priester. Damit eröffnete er neue Horizonte für die Funktionsmode.
Da denkt man unweigerlich an Christian Dior. Im Jahr 1949 präsentierte der Modeschöpfer eine Haute-Couture-Kollektion für den Frühling und Sommer. Dazu gehörte das ikonische MissDior-Kleid, das mit Blütenblättern in verschiedenen Varianten
in Rosa und Violett bestickt war. Mit diesem Kleid ahmte der Modeschöpfer die natürliche Ästhetik von Monet nach.
Unter den Kreationen zeitgenössischer Designer ist die Arbeit von Pierpaolo Piccioli für das Haus Valentino erwähnenswert. Die Quelle seiner Inspiration ist die Übergangszeit vom Mittelalter zur nördlichen Renaissance. Im Jahr 2017 hat Piccioli zusammen mit Zandra Rhodes eine besondere Kollektion, die auf Bildern von Hieronymus Boschs Gemälde „The Garden of Earthly Delights“basiert, entworfen.
Das Gemälde „Venus vor dem Spiegel“von Peter Paul Rubens inspirierte die Kollektion 2020 des Designerduos Dolce & Gabbana. Die Liebe zum Barock war einer der vereinenden Aspekte für die beiden jungen Assistenten, die in den 80er Jahren in einem Mailänder Atelier arbeiteten.
MEHR ALS EINE MODEMARKE
Kollaborationen zwischen Modehäusern und Künstlern sind in den letzten zwei Jahrzehnten besonders angesagt geworden. Die meisten Dinge, die in diesen kreativen Duos entstehen, sind sehr gefragt. Eine solche Zusammenarbeit ist für beide Seiten von Vorteil, denn sie erhöht den Bekanntheitsgrad und den Kreis der Käufer.
Eine der umfangreichsten Werbe- und Marketingkampagnen des letzten Jahres war die Zusammenarbeit zwischen Louis Vuitton und der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama. Das Projekt ging über eine bloße Modekollektion hinaus und wurde zu einem Multiplattform- Ereignis, das verschiedene Online- und Offline-Events umfasste. Jeder Aspekt der Zusammenarbeit war von dem Signatur-Motiv der 94-jährigen Künstlerin geprägt, von den Punkten auf den veröffentlichten Louis Vuitton-Luxusartikeln bis hin zu den Werbeplakaten und allen digitalen Inhalten. Eine riesige Skulptur der Künstlerin wurde auf dem Dach des Louis Vuitton-Hauses am Place Vendôme in Paris installiert. Das monumentale Abbild der Künstlerin bemalte die Fassaden des Gebäudes mit ihren berühmten Dots.
Für Louis Vuitton war dies nicht die erste Zusammenarbeit mit der Künstlerin; die erste Erfahrung im Jahr 2012 war ein durchschlagender Erfolg. Und wenn wir weiter in die Geschichte solcher Erfahrungen eintauchen, war die Kollektion, die Leinwände mit Blumen und Schädel von Takashi Murakami beinhaltete, nicht weniger berühmt. Die Kollektion umfasste Taschen, Koffer, verschiedene Accessoires und ein einzigartiges Louis Vuitton-Murakami Monogram Multicolore Canvas, das in einer limitierten Auflage erschien. Murakamis monografische Ausstellung 2007 im Museum of Contemporary Art in Los Angeles stand ganz im Zeichen der „Superflat“-Philosophie des Künstlers. Diese durchaus postmoderne Sichtweise ermöglichte es, dass das Design der Tasche und das Konzept des Gemäldes denselben kulturellen Wert darstellen. Im Zentrum des Events befand sich der Murakami x Louis Vuitton Shop, wo die exklusiv für die Ausstellung entworfene Louis Vuitton MOCA Hands Kollektion ausgestellt war. Der kommerzielle Eingriff in die Museumsausstellung verwischte die Grenzen zwischen Kunst und Kommerz. Es ist kein Zufall, dass Bernard Arnault, CEO von LVMH, betonte, dass Louis Vuitton mehr als Luxusmode sei. Es sei eine „kulturelle Marke“.
KUNST-KOLLABORATIONEN 2024
Diese Kollaborationen werden nun weiter entwickelt. Dieses Jahr werden wir angenehm überrascht:
1. LOEWE x Richard Hawkins Für die Präsentation der neuesten Herrenkollektion von LOEWE im Rahmen der Pariser Fashion Week arbeitete Kreativdirektor Jonathan Anderson mit dem in Los Angeles lebenden Künstler Richard Hawkins zusammen. Für die Show wurde Hawking beauftragt, digitale Collagen zu erstellen, die gewölbte Buntglasfenstern nachahmen sollten. Sieben von Hawkins’ Gemälden waren an der Rückwand des Veranstaltungsortes aufgehängt, sodass der Eindruck eines Künstlerateliers oder einer Galerie entstand.
2. Marc Jacobs x Cindy Sherman Die kultige amerikanische Fotografin Cindy Sherman, die für ihre kreativen Selbstporträts berühmt ist, war der Star der Werbekampagne Frühjahr/ Sommer 2024 von Marc Jacobs. Um das 40-jährige Jubiläum der Luxusmarke zu feiern, hat der deutsche Fotograf Juergen Teller Bilder von Sherman aufgenommen. Auf einem Bild ist Sherman als glänzende Blondine im Tweed-Anzug vor dem Marc Jacobs Shop in Soho zu sehen, auf dem anderen – als ungepflegte Brünette in schwarzer Lederhose.
3. JW Anderson x Christiane Kubrick Die Herbstkollektion von JW Anderson ist von der Inneneinrichtung inspiriert, die Christiane Kubrick für Stanley Kubricks Psychodrama „Eyes Wide Shut“geschaffen hat. Mit blutrotem Samt, Satinkissen und Illustrationen, die Stanley Kubrick für den Film kreierte, verkörpert die Kollektion nicht nur das kulturelle Erbe des Kinos in grafischer Form, sondern lässt sich auch vom Gesamtkonzept des Films inspirieren. Laut der Beschreibung der Show ist sie „seltsam und widersinnig gemütlich, plüschig und weich, und alles ist falsch“.
4. Skechers x Jgoldcrown Skechers hat James Goldcrown engagiert, um die beliebten Turnschuhe und Sportbekleidung der Marke mit den berühmten Herzen des Künstlers zu verzieren.
5. Stella McCartney + Sorayama Nach einer erfolgreichen Partnerschaft im Jahr 2021 haben sich Stella McCartney und ihr langjähriger Freund, der japanische Illustrator Hajime Sorayama, für eine neue Modekooperation erneut zusammengetan. Die für Frühjahr/Sommer 2024 in limitierter Auflage erscheinende Unisex-Kollektion kombiniert Sorayamas avantgardistische Illustrationen mit McCartneys akribischem Designansatz zu einer Reihe verspielter Stücke. Sexy Roboter, silberne Erdbeeren und Platinum Dream-Slogans erscheinen in zahlreichen Silhouetten. Alle Konfektionsartikel sowie die veganen Taschen, Schuhe und Accessoires sind aus 100 % umweltfreundlichen Materialien hergestellt.
VANS X VAN GOGH MUSEUM
Diese einzigartige Kollektion besteht aus Turnschuhen, die sich in echte Leinwände verwandeln, auf denen die Meisterwerke von Vincent van Gogh abgebildet sind. Jeder Turnschuh der Kollektion ist so entworfen, dass er die Kunst Van Goghs präsentiert. Die Schuhe zeigen seine berühmten Werke wie die „Sonnenblumen“, die „Mandelblüte“und die „Sternennacht“sowie seine Selbstporträts bis ins kleinste Detail und geben jeden Strich und jede Farbe perfekt wieder. Dieser Detailreichtum macht die Schuhe zu einem tragbaren Kunstwerk, das den Träger mit Van Goghs emotionaler und lebendiger Kunst verbindet. Die Designer von Vans arbeiteten eng mit dem VanGogh-Museum zusammen, um die Authentizität und den Respekt für sein Originalwerk zu wahren.