Für eine Kultur der Zukunftsfähigkeit
Ein verführerischer Blender, der das Land schon an den Rand des Ruins gebracht hat, und ein wortgewaltiger Gaukler, der „la casta“– die etablierte Politik – samt und sonders zum Teufel jagen möchte: das sind die Hauptdarsteller einer bizarren Tragödie, deren Zeugen wir sind und die nicht weniger als die Zukunft der Demokratie zum Thema hat. Das italienische Trauerspiel mit ungewissem Ausgang ist weit mehr als eine Politposse im Süden des Kontinents, denn in ihr geht es um mehr, und wir alle sind Betroffene.
Wer, so ist zu fragen, schützt uns vor den Berlusconis und Grillis (auch bei uns)? Wer schützt uns vor kurzsichtiger Gefälligkeitspolitik, wer vor dem blinden Zorn der Enttäuschten? Wer – so ist im Grunde zu fragen – schützt uns vor uns selbst? Anders gefragt: Wie sähe die Rahmung für eine zukunftsfähige Politik aus?
Thomas Haderlapp, Lebensqualitäts- und Pionierforscher, und Rita Trattnigg, Politologin und Nachhaltigkeitsexperten im österreichischen Lebensministerium, haben einen in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlichen Weg gewählt, um substanzielle Antworten auf diese Fragen zu geben.1)
Kultur, so ihre Ausgangsthese, ist die „Hintergrundfo- lie“jedweden sinnvoll gestaltenden Blicks auf Gegenwart und Zukunft. Um nun bestehende Hemmnisse, Hürden und Gelingensfaktoren einer zukunftsfähigen Entwicklung auszuloten, haben Haderlapp/trattnigg in insgesamt 33 (anonymisierten) „Tiefeninterviews“Repräsentantinnen der österreichischen Politik und Zivilgesellschaft befragt und die Befunde nach den Prinzipien der Interventionsforschung ausgewertet. Worin liegen nach Meinung der befragten Expertinnen die Hemmnisse für eine zukunftsfähige Politikgestaltung? Es sind u. a. die Orientierung der Politik an Mehrheiten, das Kurzfristdenken, Komplexität und Beschleunigung als Herausforderung für die Gestaltungsmacht und Qualität von Politik sowie fehlende Zusammenhangskompetenz. Aber auch Alltagssorgen, Überforderung und Bequemlichkeit werden als Barrieren angeführt. Zukunftsfähige Politik, so eine immer wiederkehrende Meinung, sollte Wandel als Chance und Notwendigkeit begreifen. Hierfür wären „vor allem Räume zu schaffen, in denen Menschen zusammenkommen können und die Zeit haben, sich darüber auszutauschen, welche Zukunft sie wünschen und was sie dazu beitragen können, dass sie auch umgesetzt werden kann“, meint ein Vertreter der Zivilgesellschaft (S. 365). Die Stärkung demokratischer Strukturen und ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter werden als