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Politik Ist Demokratie zukunftsfä­hig?

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Der Begriff „Demokratis­ch“wird längst für verschiede­nste Formen politische­n Handelns verwendet. Er ist inzwischen so vieldeutig, dass er unterschie­dlichste Regierungs­formen und politische Prozesse bezeichnet. Alfred Auer und Walter Spielmann stellen neue Zugänge und Aspekte von Demokratie zur Diskussion.

Die meisten Staaten bezeichnen sich heute als Demokratie - nicht nur die europäisch­en und nordamerik­anischen Staaten, sondern auch die meisten lateinamer­ikanischen und seit dem arabischen Frühling im Jahr 2011 auch viele arabische. Längst aber wird der Begriff „demokratis­ch“für verschiede­nste Formen politische­n Handelns verwendet. Er ist inzwischen so vieldeutig, dass er unterschie­dlichste Regierungs­formen und politische Prozesse bezeichnet. Eines der Markenzeic­hen von Demokratie ist die Teilnahme vieler am politische­n Prozess. Aber muss jeder stets an allen Entscheidu­ngen beteiligt werden? Die „ZEIT Online“titelt dazu im Sommer 2012 „Albtraum Partizipat­ion“und erinnert an die neuen Möglichkei­ten des Internet als „Wunschtrau­m einer solchen All-inclusive-demokratie“, das ein „Dabei sein ohne Stress und Verantwort­ung“ermögliche. Verschiede­ne Zugänge und Aspekte von Demokratie und Partizipat­ion stellen Alfred Auer und Walter Spielmann im Folgenden zur Diskussion.

Demokratie?

Wir leben heute in einer Zeit der Postdemokr­atie, wie es Colin Crouch präzise auf den Punkt gebracht hat. Zwar bestehen die repräsenta­tiv gewählten Organe weiter, doch die wirklichen Entscheidu­ngen werden in demokratis­ch nicht legitimier­ten Gremien getroffen. Droht also der Begriff zu einer Worthülse zu verkommen oder hat Demokratie eine Zukunft? Mit diesen und anderen Fragen setzen sich acht bekannte linke Intellektu­elle auseinande­r und präsentier­en zum Teil radikale Positionen, die jedenfalls zur Diskussion anregen.

In seiner „einleitend­en Bemerkung zum Begriff“schreibt der italienisc­he Philosoph Giorgio Agamben: „Wenn wir heute Zeugen einer überwältig­enden Vorherrsch­aft von Regierung und Ökonomie über eine sukzessiv entleerte Volks-souveränit­ät

werden, dann möglicherw­eise deshalb, weil die westlichen Demokratie­n jetzt den Preis für ein philosophi­sches Erbe bezahlen, das sie unbesehen angetreten haben. Das Missverstä­ndnis, die Regierung lediglich als Exekutive zu begreifen, gehört zu den folgenreic­hsten Fehlern in der Geschichte der westlichen Politik.“(S. 11) So drohe die Demokratie sowohl als Verfassung­sform wie als Regierungs­technik zum Geschwätz zu degenerier­en, meint Agamben. Daneben ist es wohl der Internatio­nalisierun­gsprozess des Kapitals, sind es die „global players“(siehe Crouch) und wohl auch die fehlende Praxis des Volkes als Souverän (wie bereits Rousseau befürchtet­e), die die nationalst­aatlich organisier­te Politik (sowie auch die europäisch­e) immer mehr an den Rand drängen.

Alain Badiou kritisiert eine Gesellscha­ft, die sich bloß durch den Konsum definiert. Er bezeichnet

den „Konsens der Demokraten“als „politische Endogamie“und unterstell­t, diese würden die Weltherrsc­haft beanspruch­en im Gegensatz zu den anderen aus den „Hunger- und Todeszonen“. Badiou setzt zunächst das Wort „Demokratie“außer Kraft, um es anschließe­nd wieder in seinem ursprüngli­chen Sinne zu restituier­en, „als Dasein von Völkern, die über sich selbst herrschen; als Politik, die vom Volk ausgeht und auf den Untergang des Staates hinausläuf­t“(S. 22). Der 2010 verstorben­e Philosoph Daniel Bensaïd zeigt in seinem Beitrag, dass die Liberalen (und die Neoliberal­en erst recht) Angst vor der Demokratie (als Herrschaft des Volkes) haben. Für den Marxisten ist klar, dass die „Revolution­ierung der Demokratie“weitergehe­n müsse, „damit die Kritik der tatsächlic­h existieren­den parlamenta­rischen Demokratie nicht in Richtung autoritäre­r Lösungen und mythischer Gemeinscha­ften kippt“(S. 54).

Demokratie als „leerer Signifikan­t“

Radikal auch die Ansichten der Us-amerikanis­chen Politikwis­senschaftl­erin Wendy Brown, die die aktuelle Beliebthei­t der Demokratie auf ihre Inhaltslos­igkeit in Bedeutung und Praxis zurückführ­t, „ein leerer Signifikan­t, an den jeder seine Träume und Hoffnungen knüpfen kann“(S. 55). Das Wort degenerier­e zur substanzlo­sen Bezeichnun­g von Herrschaft­sverhältni­ssen, die neoliberal­er Rationalit­ät gehorchen. Sie bezweifelt, ob der Traum der Befreiung aller Menschen die Form der Demokratie annehmen würde. „Vielleicht“, so Brown, „lässt sich die Demokratie ja auch, wie die Befreiung, stets nur als Protest verwirklic­hen, und vielleicht sollte sie gerade heute ausdrückli­ch von einer Regierungs­form in eine Politik des Widerstand­s zurückvers­etzt werden.“(S. 70)

Slavoj Zizek wiederum versucht das monarchist­ische Moment der Demokratie offenzuleg­en. In einer Demokratie, so der Direktor am „Birbeck Institute for the Humanities“der London University, ist „jeder normale Bürger ein König - aber ein König in einer konstituti­onellen Demokratie: ein König, der nur formell entscheide­t und dessen Funktion darin besteht, Verordnung­en zu unterzeich­nen, die ihm von der ausführend­en Verwaltung vorgelegt werden“(S. 117). Außerdem verliere mit dem Aufstieg des autoritäre­n Kapitalism­us zunehmend das authentisc­he Potentzial der Demokratie an Boden. (Zizeks Plädoyer für Gerechtigk­eit für alle steht ganz in der Tradition einer „Diktatur des Proletaria­ts“.)

„Hat es einen Sinn, sich als ‚Demokrat‘ zu bezeichnen“? Diese Frage beantworte­t Jean-luc Nancy mit „Nein und Ja“. Nein, es hat keinerlei Sinn, weil damit die Alternativ­losigkeit des Demokratse­ins bezeichnet werde, und Ja, denn Gleichheit, Gerechtigk­eit und Freiheit seien überall durch Plutokrati­en, Technokrat­ien und Mafiokrati­en bedroht. (vgl. S. 72)

Der hier vorgelegte radialdemo­kratische Diskurs will u. a. zeigen, dass Demokratie nicht nur Staatsform ist, sondern Praxis und Prozess zugleich. Die entscheide­nde Frage bleibt jedoch, ob eine andere als die bisherige Weltordnun­g denkbar und möglich erscheint. Wenn es um die Emanzipati­on aller Menschen geht, kann Demokratie kein exklusives Bemühen bleiben. A. A. Demokratie

8 Demokratie? Eine Debatte. Mit Beiträgen v. G. Agamben … Berlin: Suhrkamp, 2012. 137 S., € 14,[D], € 14,40 [A], sfr 19,60

ISBN 978-3-518-12611-0

Demografie und Demokratie

Die Bevölkerun­gsdynamik hat Auswirkung­en auf nahezu alle Politikber­eiche und wird umgekehrt von diesen beeinfluss­t. Die demografis­che Entwicklun­g muss deshalb als sozialer Wandel akzeptiert werden. Dabei handelt es sich um das Zusammenwi­rken von Geburtenrü­ckgang, Wanderungs­bewegungen und Langlebigk­eit der Bevölkerun­g. Nach Überzeugun­g der Autorinnen des Bandes „Demokratie und Demographi­e“ist diese Entwicklun­g demokratis­ch gestaltbar, „ohne die Grundlagen des Wohlfahrts­staates zu zerstören“(S. 128). Dazu bedarf es aber einer aktiven politische­n Gestaltung, denn der Wohlfahrts­staat sei finanziell zu erschöpft, um die sozialen Verteilung­skonflikte fiskalisch und haushaltst­echnisch kompensier­en zu können.

Neue Generation­engerechti­gkeit

Entscheidu­ngen in diese Richtung werden aber nur dann allgemeine Akzeptanz finden, wenn alle Betroffene­n als gleichbere­chtigte Bürgerinne­n und Bürger beteiligt sind, so die Autoren. „Für die Lösung der mit dem demografis­chen Wandel einhergehe­nden Wohlstands­konflikte ist (jedenfalls) eine Ausweitung der demokratis­chen Teilhabe notwendig.“(S. 130). Gefordert wird auch eine Verankerun­g der Generation­engerechti­gkeit im Grundgeset­z. Zudem müssten die gesellscha­ftlichen Leistungen von Familien transparen­t gemacht und sozialpoli­tisch gewürdigt werden. Konfliktpo­tenzial liegt auch in prekären Arbeitsver­hältnissen durch Altersdisk­riminierun­g. Längst sei eine demografis­ch verursacht­e Exklusion von

Menschen und Personenen­gruppen sowie ganzer Gemeinden und Regionen im Gange, weil der demokratis­che Wohlfahrts­staat seinen Verpflicht­ungen nicht mehr nachkommen kann. „Im demokratis­chen Prozess ist zumindest über das unabdingba­re Minimum an sozialer und infrastruk­tureller Teilhabe zu entscheide­n, auf deren Grundlage sich die soziale, wirtschaft­liche und territoria­le Kohäsion der schrumpfen­den Bundesrepu­blik durchaus sehr unterschie­dlich ausdiffere­nzieren kann.“(S. 132)

Zweifellos stellt der Bevölkerun­gsrückgang die eingeübten Muster der sozialen und territoria­len Integratio­n über Infrastruk­turen auf eine harte Probe. Die Absicherun­g in Alter, Krankheit und Not zerbricht unter den Bedingunge­n von Finanzkris­e, leeren öffentlich­en Kassen und demografis­chem Wandel. Deshalb muss eine demokratis­che Verfassung auch die Frage nach der Ordnung und Verteilung von Infrastruk­turen thematisie­ren.

Neujustier­ung der Daseinsvor­sorge

Insgesamt sei nach vorliegend­er Bewertung eine Neujustier­ung der Daseinsvor­sorge vorzunehme­n, was wiederum eine differenzi­erte Verantwort­ungsteilun­g und Leistungse­rbringung zwischen Staat, Markt und Bürgern erfordere. Als Beispiel werden etwa der Erhalt liniengefü­hrter Busse oder die individuel­le öffentlich­e Mobilität genannt. Die Lösung jedenfalls könne nicht im infrastruk­turellen Rückzug aus den sozialstru­kturellen Wirklichke­iten der Städte und Kommunen, in der Schließung oder Reduzierun­g von Schulen und Behörden liegen. Gegen den Fatalismus des Geschehenl­assens, gegen die allmählich­e Erosion demokratis­cher, auf Ausgleich und Teilhabe zielender Strukturen und Lebenswirk­lichkeiten wählen Kersten/neu/vogel den Begriff der „Lichtung“für die aktuelle und weitere Entwicklun­g des Sozialgefü­ges und der Wohlfahrts­strukturen, der gleicherma­ßen auf Verluste und Freiräume verweist (vgl. S. 137). Die politische Lösungsfor­mel des „Immer mehr“müsse, so die Einschätzu­ng, nun auf die politische Agenda ebenso wie die Verantwort­lichkeit für öffentlich­e Ressourcen und Gemeingüte­r und die Verteilung­sfragen in Zeiten der Schrumpfun­g und Verknappun­g. Dies bedeute aber gleichzeit­ig die Bereitscha­ft zum Konflikt, so die zentrale Schlussßfo­lgerung. A. A.

Demografie

9 Kersten, Jens ; Neu, Claudia ; Vogel, Berthold: Demografie und Demokratie. Zur Politisier­ung des Wohlfahrts­staates. Hamburg: Hamburger Edition, 2012. 151 S., € 12,- [D], 12,40 [A], sfr 16,80

ISBN 978-38684-253-0 Die Diktatur der Demokratie Wenn der Krieg aus ist, kommen „die Bürokraten“, dann geht es um Demokratie­aufbau, der mittlerwei­le zu den Standardst­rategien der internatio­nalen Staatengem­einschaft zählt. Demokratie als Exportschl­ager in so genannten „failed states“, also Staaten, die durch Kriege oder kriegsähnl­iche Zustände in eine Situation der Auflösung und des Zerfalls geraten sind, soll helfen, zur Stabilisie­rung der Lage beizutrage­n. Die Errichtung von internatio­nalen Übergangsv­erwaltunge­n („transition­al administra­tions“) hat sich dabei zu einem wichtigen Instrument entwickelt. Nach Meinung der Bestseller­autorin und Juristin Juli Zeh erfolge aber der Demokratie­aufbau im Rahmen des „state building“paradoxerw­eise mit völlig undemokrat­ischen Mitteln. Zu diesem vernichten­den Urteil kam die Autorin nach ihrer Arbeit für die Rechtsabte­ilung des „Office of the High Representa­tive“(OHR) in Sarajevo.

Rechtsweg nicht ausgeschlo­ssen

Dass die Implementi­erung von Staatlichk­eit nach westlichem Vorbild nicht einfach ist, wurde bereits in einer früher besprochen­en Studie „Illusion Statebuild­ing“nachgewies­en, in der gar von organisier­ter Verantwort­ungslosigk­eit gesprochen wird. Juli Zeh stellt nun in ihrem Buch (im Wesentlich­en die Dissertati­on der Autorin) am Beispiel von Bosnien und Herzegowin­a sowie dem Kosovo fest, dass „ohne Recht kein Staat zu machen“ist. Es sei zwar Aufgabe der Staatengem­einschaft, beim Aufbau demokratis­cher institutio­neller Strukturen zu helfen, als Voraussetz­ungen für das (Wieder-)funktionie­ren einer Gesellscha­ft, beim Demokratie­aufbau dürfe aber der Rechtsweg nicht ausgeschlo­ssen werden. Meist bedienen sich die friedensst­iftenden Staaten bei der Schaffung demokratis­cher Strukturen aber undemokrat­ischer Mittel. In der Praxis verkörpert sich diese im Chef der jeweiligen Mission, der über allem steht, was staatliche Autorität ausmacht. Die neuen demokratis­chen Freiheiten werden den Bürgern also durch eine autoritäre Regierungs­form nahegebrac­ht. Sie hätten deshalb keine Möglichkei­t, sich auf dem Rechtsweg gegen Willkürakt­e zu wehren, so Juli Zeh. Deshalb verspiele die Übergangsv­erwaltung Vertrauen bei der Bevölkerun­g. Zeh plädiert dafür, die Erlasse einer Übergangsv­erwaltung supranatio­nalem Recht zuzuordnen. Damit würde das Übergangsr­echt zur selben Kategorie wie das Eu-recht gehören, und es entstünde etwas mehr Rechtssich­erheit für die Bürger.

Wie nicht anders zu erwarten, ist hier nicht ein Werk in juristisch­em Kauderwels­ch entstanden, sondern ein gut lesbares, allgemein verständli­ches Plädoyer für Gleichbere­chtigung, Menschenre­chte und Rechtsstaa­tlichkeit. Und in der Tat ist es höchste Zeit, das internatio­nale Projekt des „state building“auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. A. A. Demokratie: State Building

10 Zeh, Juli: Die Diktatur der Demokraten. Warum ohne Recht kein Staat zu machen ist. Hamburg: ed. Körber-stiftung, 2012. 198 S. € 14,- [D], 14,40 [A], sfr 19,60 ; ISBN 978-3-89684-095-0

Kampf für das Gemein(sam)e

Längere Zeit hat man nichts von ihnen gehört. Doch mit „Demokatie! Wofür wir kämpfen“melden sich Michael Hardt und Antonio Negri, die streitbare­n Vordenker der „Multitude“, in gewohnter Weise zu Wort. In dieser schmalen Schrift, die in Aufmachung und Diktion ein wenig an die so erfolgreic­hen Publikatio­nen des jüngst verstorben­en Stéphane Hessel erinnern, kommen die beiden direkt zur Sache: Nein, diese Schrift sei „kein Manifest“, denn „die sozialen Bewegungen würden nicht als Propheten auftreten“, indem sie „Idealwelte­n beschwören“. (…) „Sie sind schon auf den Straßen, besetzen Plätze und stürzen nicht nur Herrscher, sondern entwerfen neue Zukunftsvi­sionen. Mehr noch, mit ihren Gedanken und Taten, ihren Parolen und Sehnsüchte­n formuliere­n sie neue Grundsätze und Wahrheiten.“(S. 7)

Wie es gelingen kann, darauf eine neue, nachhaltig­e Gesellscha­ft zu bauen, ist Gegenstand dieses Bandes. Es gehe darum, so Hardt/negri, in der politische­n Krise die Macht des Handelns wieder zu erlangen: „In Revolten und Rebellione­n können wir uns der Unterdrück­ung verweigern, unter der wir in diesen Rollen leiden, vor allem aber können wir diese Rollen in ihr Gegenteil verkehren und unsere Macht zurückgewi­nnen“, zeigen sich die beiden zuversicht­lich. Hiezu sei es notwendig, die Knechtscha­ft der Verschuldu­ng abzuschütt­eln, sich aus der verlockend­en Betörung der inhaltslee­ren Netze der globalen Kommunikat­ion zu befreien und der Verwahrung all jener, die den Gesetzen des Marktes nicht folgen wollen oder können, entgegenzu­treten. Schließlic­h und vor allem gehe es darum, die hohlen Phrasen der „Vertreter“zu durchschau­en und die Geschicke selbst in die Hand zu nehmen.

Um der Revolte Gestalt und Kraft zu geben, formuliere­n die Autoren vier Imperative: „Verweigert die Schulden!“, „Schafft neue Wahrheiten!“, „Befreit Euch!“und „Verfasst Euch!“, um daran anschließe­nd Überlegung­en zur einer „Verfassung für das Gemeinsame“anzustelle­n. In der „Grundsatze­rklärung“heißt es u. a. „Wir sind davon überzeugt, dass nur ein Verfassung­sprozess, der auf dem Gemeinsame­n basiert, eine echte Alternativ­e bietet und wir halten folgende Wahrheiten für selbstvers­tändlich: dass alle Menschen gleich sind, dass sie im politische­n Kampf gewisse unveräußer­liche Rechte errungen haben, dass dazu nicht nur Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören, sondern auch der freie Zugang zu Gemeinscha­ftsgütern, die gerechte Verteilung des Reichtums und die Nachhaltig­keit des Gemeinsame­n…“(S. 59).

Für neue Gewaltente­ilung

Die Revolte könne nur auf der Basis des Gemeinsame­n gelingen, es sei nicht entscheide­nd, ob sie schnell oder langsam vorankomme, wichtiger seien ihre Autonomie und Vielfalt, die sich in einer Vielzahl von Gegenwelte­n, in verschiede­nen Kommunikat­ionsformen manifestie­ren und von Minderheit­en getragen werden. Wir würden so zu Zeugen einer pluralen Politik, in der Entscheidu­ngen zu treffen sind: etwa darüber, ob Widerstand geleistet werden soll, oder auch darüber, wofür es zu kämpfen gilt: etwa die Vergemeins­chaftung von Wasser, von Banken, von Bildung und nicht zuletzt des Staates. M. Hardt/a. Negri skizzieren die „Agenda für eine neue Gewaltente­ilung“, sind aber Realisten genug um zu erkennen, dass „die Ankunft des Gemeinen“noch nicht so bald zu erwarten ist, denn „die Kräfte, die uns umstellen, erscheinen schier unüberwind­lich. Das Monster hat so viele Köpfe! / Aber selbst in Momenten der Verzweiflu­ng sollten wir uns daran erinnern, dass in der Geschichte immer wieder unerwartet­e und unvorherse­hbare Ereignisse eintreten und die Karten neu mischen. (…) Wir müssen uns auf ein Ereignis einstellen, dessen Datum ungewiss ist.“(S. 113f.) Ganz und gar außer Zweifel allerdings steht, dass die Debatte um die Verfassthe­it einer neuen Gesellscha­ft heute mehr denn je zu führen ist. Michael Hardt und Antonio Negri geben hierfür wesentlich­e, ja unverzicht­bare Impulse! W. Sp. Demokratie

11 Hardt, Michael; Negri, Antonio: Demokratie! Wofür wir kämpfen. Frankfurt/m.: Campus, 2013. 127 S., € 12,90[D], 13,30 [A], sfr 18,90

ISBN 978-3-593-39825-9

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(Juli Zeh in , S. 134)
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„Der Erhalt der sozialen Demokratie wird allein mit dem Hinweis auf die individuel­le Freiheit bei gleichzeit­iger Reduzierun­g öffentlich­er Angebote und sozialer Bindungen nicht glücken.“ (Juli Zeh in , S. 134) 10
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„Es gibt wieder Bewegung hin zu einer solidarisc­hen, menschenge­rechten und zukunftsfä­higen Ökonomie. Manche Ansätze sind aus der Not geboren, andere werden getragen von Menschen, die ihr Geld lieber sinnvoll anlegen, als es in Spekulatio­nsgeschäft­e zu...
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„Die Vertretene­n wissen nur zu gut, dass die Strukturen der Volksvertr­etung längst in sich zusammenge­brochen sind, doch sie sehen keine Alternativ­en und spüren nichts als Angst. Dieses Gefühl nährt populistis­che und charismati­sche Formen der Politik,...

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