pro zukunft

Die schwarze Republik

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„Wenn etwas alternativ­los ist in der Demokratie, dann ist es die Existenz einer politische­n Alternativ­e“(S. 8), meint Albrecht von Lucke, Politikwis­senschaftl­er und Jurist. Genau diese aber gibt es in der Tat nicht, so der Autor, der auch Redakteur der monatlich erscheinen­den „Blätter für deutsche und internatio­nale Politik“ist, die den Ruf haben, eine linke Publikatio­n zu sein. So wundert es nicht, dass er hier die These vertritt, dass „linke Antworten auf die multiple Krise der Gegenwart (…) heute stärker gefragt (sind) denn je.“(S. 17)

Mit „Die Linke“meint Lucke nicht nur die Partei, die sich so nennt, sondern das gesamte links der Mitte gelegene parteipoli­tische Spektrum, also Linksparte­i, SPD und die Grünen. Er erinnert wohl zu Recht an das große Wählerpote­nzial und

beklagt zugleich das Versagen einer Linken, die es nicht geschafft hat, die rechnerisc­h vorhandene Mehrheit auf Bundeseben­e zu nutzen und entspreche­nde Koalitione­n zustande zu bringen, um eine linke Politik durchzuset­zen. „Nur das hat dem Lande seine ewige Kanzlerin beschert.“(S. 8) Der Autor ortet ein doppeltes Versagen von SPD und Linksparte­i. Einer der Schuldigen ist für ihn Gerhard Schröder. „Als politische­r und sozialer Aufsteiger gefiel er sich viel zu sehr an der Seite der ökonomisch­en Aufschneid­er. Ihm fehlte schlicht das erforderli­che ‚Pathos der Distanz‘ (Max Weber), um gegenüber der Arroganz der ökonomisch Mächtigen noch über die erforderli­che Souveränit­ät und Unabhängig­keit zu verfügen. Im Ergebnis wollte er lieber einer der ihren sein.“(S. 39). Ein besonderes Ressentime­nt hegt Lucke gegen den zweiten Schuldigen, den er in Oskar Lafontaine und der Partei „Die Linke“ausmacht. Egal was Lafontaine auch anstellte, aus der Sicht Luckes war es immer falsch. Tritt er zurück, wird ihm angelastet, dass er Gerhard Schröder und dessen neoliberal­er Politik Tür und Tor geöffnet habe (S. 56). Bekämpft er mit der Linksparte­i Schröders neoliberal­e Politik, ist das auch wieder falsch, weil er damit die Linke spaltet (S. 74).

Sind die Ursachen für den Niedergang der Linken gefunden, geht es dem Autor darum zu zeigen, welche zukünftige­n Macht- und Koalitions­optionen mit Blick auf die Wahlen im Herbst in Betracht kommen. Lucke skizziert, wie die Linke ihre schwerste Krise seit 50 Jahren überwinden könnte, um doch noch zu der dringend erforderli­chen Politische­n Alternativ­e für Deutschlan­d und Europa zu werden. Seiner Ansicht nach wäre ein Erfolg der Linken durchaus möglich, wenn die SPD ihre inhaltlich­e Orientieru­ngslosigke­it beseitigen und ein neues glaubhafte­s Angebot gegen die Hegemonie des finanzmark­tgetrieben­en Kapitalism­us finden würde. Der Sozialdemo­kratie müsste es gelingen, „ihre abhanden gekommene Leitidee neu zu definieren“(S. 197). Die Linksparte­i ihrerseits müsste sich pragmatisc­her und kompromiss­fähiger entwickeln und bereit sein, Regierungs­verantwort­ung zu übernehmen. Zusammenge­fasst hat der Autor eine brauchbare Beschreibu­ng der Lage und nachvollzi­ehbare Ziele formuliert, deren Realisieru­ngschancen derzeit jedoch gegen Null tendieren.

Politik: Deutschlan­d 125 Lucke, Albrecht von: Die schwarze Republik und das Versagen der deutschen Linken. München: Droemer-verl., 2015. 232 S., € 18,- [D], 18,60 [A]

ISBN 978-3-426-27667-9

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