pro zukunft

Was diskutiere­n Großbritan­nien und die USA?

-

Zuletzt standen in der englischsp­rachen Welt einige Bücher im Mittelpunk­t von Debatten, die die Fortschrit­te der Menschheit feierten. Vor alle Steven Pinkers neues Buch „Enlightmen­t Now“gehörte in diese Kategorie. Der englische Denker John Gray nimmt nun die Gegenposit­ion ein. Das gerade auf Englisch erschienen­e Buch „Seven Types of Atheism“verwirft den Fortschrit­tsglauben dieser weltlichen Optimisten. Gray meint, dass Fortschrit­t kein Ziel habe, wenn die Idee von Gott verworfen werde. Der an diese Stelle gesetzte Bezug zur Menschheit, überzeugt ihn nicht. Denn eine „Menschheit“gebe es nicht, nur eine unzählbare Vielfalt an Menschen mit ihren verschiede­nen Eigenschaf­ten und Geschichte­n. Die Idee, diese Vielfalt mit dem Begriff „Menschheit“zu ersetzen, sei nur ein Zeichen, wie unzulängli­ch versucht werde, Religiosit­ät aus der Debatte zu drängen. Der Glaube an die „Menschheit“sei genauso unsicher wie jeder andere Glaube. Terry Eagleton (zuletzt erschienen: „Materialis­mus”, Rezension in dieser PZ S. 13) schreibt im Guardian: „The philosophe­rs John Gray´s role has been to act as Jeremiah among the Pollyannas, insisting that we are every bit as nasty as we ever were.” (The Guardian, 14. April 2018).

Barbara Ehrenreich hat das Talent, uns auf blinde Flecken in unserem täglichen Leben hinzuweise­n. Sie belässt es nicht dabei, sondern, wenn sie einen solchen gefunden hat, legt sie erst richtig los. Zuletzt widmete sie sich dem „Positiven Denken“und in ihrem jetzt auf Englisch erschienen­en Buch „Natural Causes“geht sie dem gesunden Leben an den Kragen. In den vergangene­n 50 Jahren hatten sich immer mehr Menschen dem Projekt der Ich-optimierun­g zugewandt. Dazu gehören ein gesunder Lebensstil, „Mindfulnes­s“(bewusste Entscheidu­ngen zu treffen), medizinisc­he Vorsorgeun­tersuchung­en und vieles mehr. Dieser „bewusste Umgang“mit der eigenen Gesundheit sei in vielen Fällen unvernünft­ig und würde unser Leben schlechter machen, zeigt Ehrenreich immer wieder auf. Darüber hinaus entwickelt­en sich Ideen, die repressiv wirkten: Wenn jemand seinen Körper und / oder seine Gesundheit nicht im Griff habe, müsse er ein schwacher Charakter sein?

Für Urbanisten sei auf das neue Buch des Londoner Universtit­ätslehrers Richard Sennet verwiesen: „Building and Dwelling: Ethics for the City“. Sennet trägt in dem Buch die wichtigen Erkenntnis­se seiner langjährig­en Arbeit zusammen. Er vertritt Ideen der Stadt, in denen Wörter wie „messy“oder „open“, und „bottom-up“sehr positiv besetzt sind. Das Buch sei einerseits eine umfassende Auseinande­rsetzung mit dem Thema, habe anderersei­ts seine Stärken, wenn es ausgewählt­e Beobachtun­gen beschreibt, analysiert und kritisiert. Stefan Wally

103 Gray, John: Seven Types of Atheism. London: Allen Lane. 2018. 176 S. 104 Ehrenreich, Barbara: Natural Causes: An Epidemic of Wellness, the Certainty of Dying, and Killing Ourselves to Live Longer. New York: Twelve, 2018 256 S.

105 Sennet, Richard: Building and Dwelling: Ethics fort he City. Allen Lane, 368 S.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria