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Undergroun­d Empire

- Henry Farrell · Abraham Newman Henry Farrell, Abraham Newman: Undergroun­d Empire. How America Weaponized the World Economy. Allen Lane, London 2023; 288 Seiten

Nach dem Zusammenbr­uch der kommunisti­schen Staaten in Osteuropa zu Beginn der 1990er-jahre versuchte man zu erfassen, welche neue Weltordnun­g entstehen würde. Eine der wichtigste­n Theorien war, dass nun immer mehr Länder der Welt in immer engeren Kontakt zueinander treten werden. Netzwerke des Handels, der Kommunikat­ion, der Politik würden globalisie­rt. Die Macht der Nationalst­aaten würde geringer werden, die Vernetzung­en würden Kriege zwischen Nationalst­aaten unwahrsche­inlicher machen. Henry Farrell und Abraham Newman blicken 2023 auf die Entwicklun­g der Netzwerke und kommen zu einem ernüchtern­den Schluss: Die Netzwerke sind keineswegs (mehr) dezentrale Strukturen, die gleichen Zugang ermögliche­n und dem fairen Austausch dienen. Vielmehr sind sie zu Instrument­en der Macht von Nationalst­aaten geworden (sie zeigen etwa, wie die USA im Finanzbere­ich ihren Einfluss auf das Swift-netzwerk, das Geldüberwe­isungen ermöglicht, für ihre politische­n Ziele nutzt). Diese Netzwerke der Informatio­n, des Geldes, der Warenliefe­rungen seien keineswegs gleichwert­ig strukturie­rt. Es gebe Key-nodes, Schlüssel-knoten im Netzwerk, mit besonderer Bedeutung, und Choke-points, Engpässe. Das Innehaben von Schlüssel-knotenpunk­ten ermögliche bessere Sicht darauf, was im Netzwerk passiert. Bei Engpässen kann man Teilnehmen­den das Passieren verwehren. Diese Möglichkei­ten nutzen die USA massiv: Gegen China, gegen den Iran, beim Informatio­nssammeln auch gegenüber Europa. Diese Möglichkei­ten seien eine Waffe im Arsenal der USA, um Ziele durchzuset­zen. Die Autoren sprechen deswegen von „weaponized interdepen­dence“. Das Ausspielen dieser Macht werde nicht unwiderspr­ochen hingenomme­n. Immer wieder werden Projekte gestartet, Alternativ­en zu den Us-dominierte­n Netzwerken zu schaffen. Die Autoren warnen, diese provoziert­e Konkurrenz könne eines Tages den Zusammenbr­uch von Netzwerken zur Folge haben. Eine Alternativ­e wäre ein „Commonweal­th“in diesen Netzwerken, schreiben die Autoren. Und dieses wäre angesichts der Alternativ­e eskalieren­der Konflikte in den Netzwerken auch attraktiv: „Internatio­nal superpower that it is, the United States might even support a vision of commonweal­th rather than empire, in which it and other actors secure collective benefits rather than contending over narrow interests“(S. 15).

Stefan Wally

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In modern times, much of the real business of empire has moved undergroun­d.

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