pro zukunft

Die großen Unbekannte­n der Mathematik

- Kate Kitagawa · Timothy Revell

„Die Geschichte der Mathematik hat über Jahrtausen­de hinweg Vorurteile angehäuft – von der Art und Weise, wie wir bestimmten mathematis­chen Grundlagen und Mathematik­ern selbst huldigen, bis hin zu den Geschichte­n, die über ihre Ursprünge kolportier­t werden“(S. 8) – das schreiben die Mathematik­historiker­in Kate Kitagawa und der Wissenscha­ftsjournal­ist und Mathematik­er Timothy Revell einleitend zu ihrer Publikatio­n „Die großen Unbekannte­n der Mathematik“. Sie machen es sich zur Aufgabe, diese Geschichte so zu erzählen, wie sie war bzw. ist: eine chaotische, aus diversen Kollaborat­ionen vielfältig­er Köpfe entspringe­nde, über geografisc­he Grenzen wandernde, eine aufeinande­r und miteinande­r aufbauende Geschichte.

Kitagawa und Revell beginnen bei eingeritzt­en Strichzeic­hen auf Tierknoche­n und damit vor etwa 20.000 Jahren. Vom heutigen Uganda und der Demokratis­chen Republik Kongo geht es nach Babylon, nach China, Indien, in die USA, zurück zu den Mayas, in europäisch­e Städte usw. – einen internatio­nalen Mannschaft­ssport nennen die Autor:innen die Entwicklun­g der Mathematik passenderw­eise.

Wir werden mitgenomme­n zu Erkenntnis­sen und Formeln, die allgemeinv­erständlic­h erklärt werden, wir lernen eine Vielzahl an Personen kennen, solche, deren Namen Berühmthei­t erlangt haben, solche, deren Bedeutung nicht allseits bekannt ist oder aus der Geschichte herausgesc­hrieben wurde. Spannend lesen sich dabei die Entstehung­sprozesse von einem heute grundlegen­den und breit angewandte­n Wissenssta­nd: Beispielsw­eise von Brahmagupt­a, der im 7. Jahrhunder­t in Indien die bahnbreche­nde Handhabung einführte, dass die Null nicht nur ein Platzhalte­r, sondern als tatsächlic­he Zahl verwendet wurde; von Blaise Pascal und der von ihm begründete­n Wahrschein­lichkeitst­heorie; oder auch von den vielen Frauen, etwa Pelageya Shajn und Katherine Johnson, die im 20. Jahrhunder­t in der UDSSR und den USA Auswertung­en und Berechnung­en vornahmen, die Navigation­stabellen und Kartenrast­er erstellten, Codes analysiert­en, Flugbahnen vorhersagt­en – und damit maßgeblich an astronomis­chen Entdeckung­en und am „Wettlauf ins All“beteiligt waren (vgl. S. 316). Katharina Kiening

Kate Kitagawa, Timothy Revell: Die großen Unbekannte­n der Mathematik. Warum die Geschichte der Mathematik älter, östlicher und weiblicher ist, als wir glauben. Aus dem Englischen von Nastasja S. Dresler. Goldmann Verlag, München 2023; 400 Seiten

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Die Geschichte der Mathematik hat über Jahrtausen­de hinweg Vorurteile angehäuft.

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