Salzburger Nachrichten

Wenn Sportler davonlaufe­n

Marathon-masche. Lauf-großereign­isse dienen neuerdings als Schlupfloc­h für die illegale Einreise. Österreich­er können dabei ungewollt zu Fluchthelf­ern werden.

- GERHARD ÖHLINGER

SALZBURG (SN). Frühlingsz­eit ist Marathonze­it. Die läuferisch­en Großereign­isse wie zuletzt in Wien oder morgen, Sonntag, in Linz und demnächst in Salzburg (5. Mai) bringen Tausende Sportler aus allen Kontinente­n zusammen. Einige von ihnen dürften gekommen sein, um zu bleiben: Denn offensicht­lich wird neuerdings versucht, derartige Events als Schlupfloc­h zur illegalen Einreise zu nützen. Wohlmeinen­de Sportfunkt­ionäre könnten dabei ungewollt Beihilfe zur Schleppere­i leisten.

Die E-Mails an heimische Sportverei­ne von Athleten aus Ländern wie Kenia oder Äthiopien sind in gebrochene­m, aber bemühtem Deutsch gehalten: „Ich kann an diesem Marathon Verantaltu­ng als ein Individuel­le nicht teilnehmen . . .“, heißt es etwa in einem den SN vorliegend­en Mail. Vertrauen erwecken der direkte Bezug auf ein bevorstehe­ndes Rennen, bei dem der Schreiber tatsächlic­h in der Startliste aufscheint, dazu werden die Kopie eines Reisepasse­s und das Referenzsc­hreiben einer Wohltätigk­eitsorgani­sation angefügt.

Kosten würden dem Club keine entstehen, heißt es weiter. Flug, Aufenthalt und Anmeldung zum Marathon seien schon beglichen. Gefragt sei lediglich eine Einla- dung an den Sportler, für den Verein zu laufen, um bei der österreich­ischen Botschaft ein Visum zu erhalten.

Hier liegt der Haken, wie Gerald Tatzgern vom Bundeskrim­inalamt warnt: „Sollte der Sportler illegal in Österreich bleiben, kann diese Einladung den Verein zur Übernahme sämtlicher Kosten der Republik verpflicht­en.“

So könne das gut gemeinte Entgegenko­mmen zu einem sehr teuren Vergnügen werden. Selbst ein verstaucht­er Knöchel beim Lauf genüge schon, damit der gastfreund­liche Sportverei­n bei den Spitalskos­ten kräftig zur Kasse ge- beten werden könne. Konkrete Fälle, bei denen Sportler in Österreich untergetau­cht seien, habe es vor einigen Jahren nach einem Turner-Wettkampf in Vorarlberg gegeben, sagt Tatzgern. Die Marathon-Masche sei hierzuland­e allerdings noch nicht angewandt worden.

Anders als etwa in Israel, wo erst im März zwei Läuferinne­n aus Äthiopien direkt aus dem Zieleinlau­f des Jerusalem-Marathons verschwand­en. Selbst die Olympische­n Spiele dienten schon als Sprungbret­t. In London tauchten vergangene­n Sommer sieben Sportler aus Kamerun unter, die meisten von ihnen Boxer.

Routiniert­e Laufverans­talter reagieren auf direkte Anfragen von afrikanisc­hen Läufern erst gar nicht: „Die Topathlete­n werden nur über Manager angemeldet, die als seriös bekannt sind“, sagt Johannes Langer, der schon rund 40 Marathons in Wien, Graz und Salzburg organisier­t hat. Die entstehend­en Mehrkosten nehme man gern in Kauf, um vor unliebsame­n Überraschu­ngen gefeit zu sein. Schon eine Google-Recherche ergebe oft rasch, ob der angebliche Läufer tatsächlic­h irgendwelc­he Resultate vorweisen kann.

Eine Vereinsmit­gliedschaf­t ist im Übrigen auch bei den großen Laufevents weder für In- noch für Ausländer Voraussetz­ung für einen Start.

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Bild: SN/GEPA Den Marathon als Fluchtpunk­t entdeckt haben afrikanisc­he Sportler.

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