Salzburger Nachrichten

General plaudert Geheimes aus

Neue Affäre. Er galt als Präsident Barack Obamas „liebster General“. Jetzt wird gegen James Cartwright wegen Geheimnisv­errats ermittelt.

- THOMAS J. SPANG

WASHINGTON (SN). Der pensionier­te Vier-Sterne-General James Cartwright steht im dringenden Verdacht, Einzelheit­en des STUXNET-Angriffs auf die iranischen Atomanlage­n an die große Glocke gehängt zu haben. Das Justizmini­sterium informiert­e Cartwright in einem Brief über die Ermittlung­en gegen ihn. Laut Informatio­nen des Fernsehsen­ders NBC geriet Cartwright Ende 2012 ins Visier der Bundespoli­zei FBI. Die Ermittler hatten Telefondat­en und E-Mails von Mitarbeite­rn des Weißen Hauses, des Verteidigu­ngsministe­riums und der Geheimdien­ste gesichert, die mit dem „New-York-Times“-Journalis- ten David Sanger in Kontakt waren. Sanger hatte 2010 in einem Artikel auf der Titelseite des Blatts über die Geheimoper­ation „Olympische Spiele“berichtet. Die Geschichte breitete mit großen Einzelheit­en die Entwicklun­g des STUXNET-Computerwu­rms durch die National Security Agency (NSA) und dem israelisch­en Geheimdien­st aus. Nach der erfolgreic­hen Einschleus­ung der Software in das geschlosse­ne Netzwerk einer iranischen Atomanlage schaltete STUXNET mehr als 1000 Zentrifuge­n zur Urananreic­herung aus.

Die „New York Times“schrieb die Entwicklun­g des geheimen Programms der damaligen Nummer Zwei im US-Generalsta­b, Ge- neral Cartwright, zu. Dieser habe unter Präsident George W. Bush damit begonnen und die Anstrengun­gen unter Präsident Barack Obama verstärkt, hieß es.

Sicherheit­sexperten werteten die Enthüllung als schweren Rückschlag für die US-Regierung, weil Methoden und Arbeitswei­se der amerikanis­ch-israelisch­en Geheimdien­stkooperat­ion dadurch aufflogen. Der Kongress machte Druck, der undichten Quelle auf den Grund zu kommen. Obama selbst erklärte, er habe „null Toleranz“für die Verbreitun­g von Staatsgehe­imnissen an die Presse. General-Bundesanwa­lt Eric Holder leitete daraufhin im Sommer 2012 eine Untersuchu­ng ein.

Cartwright äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Seit seiner Pensionier­ung arbeitet er als Analyst bei der renommiert­en Denkfabrik Center for Strategic and Internatio­nal Studies in Washington. Dort hatte er sich zuletzt kritisch zum Drohnenkri­eg der USA (mit unbemannte­n Flugkörper­n) geäußert. Obama bezeichnet­e den Offizier einmal als seinen „liebsten General“. In der Generalitä­t hatte Cartwright dagegen den Ruf eines Einzelgäng­ers. Er machte sich in der Führung der Streitkräf­te unbeliebt, weil er sich vehement gegen die Erhöhung der USTruppen in Afghanista­n eingesetzt hatte. Unklar blieb, ob die Ermittlung­en des Justizmini­steriums zu einer Anklage führen.

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