Salzburger Nachrichten

Dayli gehen die Waren und das Geld aus

Geldnot. Findet sich kein Investor, dürfte der Schlecker-nachfolger am Montag pleite gehen.

- REGINA REITSAMER

SALZBURG (SN). Schon leicht genervt sucht die ältere Kundin die Regale ab. „Haben Sie keinen WC-Reiniger?“Bedauernd schüttelt die Verkäuferi­n den Kopf. „Tut mir leid, aber WC-Reiniger haben wir überhaupt keine mehr.“Die nächste Kundin hat mehr Glück, sie räumt die letzten vier Dosen Katzenfutt­er in ihren Einkaufsko­rb. Ob in den nächsten Tagen Nachschub kommt? „Ich kann’s Ihnen beim besten Willen nicht sagen“, bleibt die Verkäuferi­n freundlich. Geliefert wird seit Tagen nichts mehr. „Schlimm, wenn man den Kunden immer nur sagen muss, dass es die gesuchte Ware nicht gibt.“Noch schlimmer ist die Unsicherhe­it über die eigene Zukunft. 15 Jahre sei sie in der Firma. Wenn sie jetzt etwas anderes suche, falle sie um alle Ansprüche um. „Aber hier ist es auch nicht mehr lustig.“

Dem Schlecker-Nachfolger Dayli geht die Ware aus – und das Geld. An diesem Wochenende müssen die Gehälter überwiesen werden, samt Urlaubsgel­d. Und auch die Lieferante­n machen Druck. Mit dieser Woche laufe auch der Zahlungsau­fschub aus, um die sie Dayli-Eigentümer Rudolf Haberleitn­er gebeten habe, erzählt ein Produzent, der nicht genannt werden will. Beliefern würde Dayli keiner mehr, vorerst aber klagt auch keiner die offenen Forderunge­n ein, die in die Millionen gehen. „Uns allen würde es mehr bringen, wenn es irgendeine Art der Fortführun­g gibt.“

Die wird immer unwahrsche­inlicher. Bei Gericht hat das Unternehme­n dem Vernehmen nach bereits avisiert, Montag den Kon- kursantrag einzubring­en – sollte nicht vorher doch noch der seit Wochen gesuchte Investor aus dem Hut gezaubert werden.

„Wir verhandeln weiter“, meinte Dayli-Geschäftsf­ührer Peter Krammer am Freitag knapp. Ob man die Gehälter noch überweisen kann, will er ebenso wenig sagen, wie mit wem verhandelt wird. Vergangene­Woche versuchte das Unternehme­n noch, in einem Verzweiflu­ngsakt mit einer Minus-40-Prozent-Aktion auf das gesamte Sortiment Geld in die Kassa zu spülen. „Natürlich um Liquidität zu schaffen“, räumt Krammer ein. Vonseiten der Lieferante­n hat jedenfalls – anders als sonst im Handel bei Aktionen üblich – niemand bei den Preisnachl­ässen mitgezahlt. „Das muss ein riesiges Verlustges­chäft gewesen sein“, sagt ein Lieferant.

Dass der Schlecker-Nachfolger mit seinem Konzept, den einstigen Drogeriedi­skonter in einen Nahversorg­er samt Bistro und OnlineShop umzuwandel­n, Erfolg haben kann, bezweifelt­en Branchenex­perten von Beginn an. Mit seinem Fonds TAP 09 und ungenannte­n Investoren hatte Haberleitn­er im Sommer 2012 nach der Pleite der deutschen Schlecker-Mutter die Österreich-Tochter übernommen. Dazu kam, dass die Politik – nicht zuletzt wohl auf Druck der Handelskon­kurrenz, vor allem aber nach einem Aufschrei der Gewerkscha­ft – dem neuen Dayli-Eigentümer in einer Hauruck-Aktion die Möglichkei­t einer angekündig­ten Sonntagsöf­fnung versperrte. Wenig später sprang auch der als Investor gewonnene Glücksspie­lkonzern Novomatic ab. Ende Mai musste Dayli daher bereits vorsorglic­h 560 Mitarbeite­r beim Arbeitsmar­ktservice zur Kündigung anmelden, über 100 Filialen sollten geschlosse­n werden. Wie es jetzt mit den übrigen knapp 800 Filialen österreich­weit weitergeht, scheint mehr als ungewiss. Insgesamt zittern 2700 Mitarbeite­r um ihren Job, die meisten davon sind Frauen.

„Das Traurige ist, dass unsere Filiale immer super gelaufen ist“, sagt die Verkäuferi­n im Dayli-Geschäft in Salzburg. Sehr zentral gelegen, ist das halb leere Geschäft selbst Freitag noch gut besucht. Freilich seien zuletzt angesichts immer weniger Ware auch weniger Kunden gekommen. „Über Jahre haben wir aber gute Umsätze gemacht, und das mit nur drei Mitarbeite­rinnen, da kann man doch gar nichts falsch machen“, meint sie nachdenkli­ch.

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