Die Arbeitslosigkeit wird zum größten Problem
Konjunkturflaute. Mehr Ausgaben für Bildung sind laut Experten der Schlüssel, um die steigende Arbeitslosigkeit eindämmen zu können. Keine Chance, dass die Arbeitslosigkeit von dem hohen Sockel sinkt.
WIEN (SN-wie). Die österreichische Wirtschaft wird heuer schwächer wachsen, als die Konjunkturexperten bisher erwartet haben, das bringt unangenehme Folgen auf dem Arbeitsmarkt mit sich. Die Arbeitslosigkeit wird heuer massiv ansteigen und im nächsten Jahr auf dem hohen Niveau verharren. Laut nationaler Definition wird die Arbeitslosenrate heuer um einen halben Prozentpunkt steigen, damit werden 282.000 Menschen ohne Job sein, prognostiziert das Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). 2014 werde die Zahl der Arbeitslosen auf 290.000 Personen steigen, das sind 20.000 mehr als imJahr 2009, dem Jahr mit dem stärksten Konjunktureinbruch in der Krise. Für Wifo-Chef Karl Aiginger und Christian Keuschnigg, den Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS), ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit ein Alarmsignal und ein Grund, nach mehr Investitionen in Bildung und Forschung zu rufen.
„Der Bildungssektor entscheidet darüber, ob die Wirtschaft wächst und es Vollbeschäftigung gibt“, sagte Aiginger bei der Vorstellung der jüngsten Konjunkturprognose. Keuschnigg wiederum hofft auf „eine Politik, die die Wirtschaft stärkt und den Strukturwandel unterstützt. Die neue Arbeitslosigkeit darf sich nicht verfestigen, sondern man muss versuchen, die Menschen durch Qualifizierung wieder in Arbeit zu bringen“, sagte der IHS-Chef.
Bildung sei das größte Risiko für und der beste Schutz gegen Arbeitslosigkeit, betont Keuschnigg. Aiginger beklagt das Auseinanderfallen von Arbeitsangebot und Qualifikation. Einerseits fehlten in Österreich Fachkräfte und hoch qualifizierte Personen, andererseits gebe es zu viele Unqualifizierte ohne Job, was angesichts 25 Prozent Leseschwäche bei den unter 15-Jährigen nicht verwundere. Zugleich sei zu beobachten, dass mehr Menschen wegen Überarbeitung an Burn-out litten.
Karl Aiginger, Leiter desWifo
Um die Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu lindern, bleibt das Wachstum zu schwach, auch wenn es sich 2014 auf 1,6 (Wifo) bzw. 1,8 Prozent (IHS) beschleunigen soll. Aiginger sieht daher „keine Chance, dass die Arbeitslosigkeit von ihrem hohen Sockel in den nächsten Jahren heruntergeht“.
Für die Arbeitnehmer kommt hinzu, dass sie unterm Strich nicht mehr verdienen. Heuer bleibe von den nominellen Lohn- und Gehaltserhöhungen nach Abzug von Inflation und Steuerprogression sogar ein kleines Minus (–0,1 Prozent) übrig, nächstes Jahr ein Plus in derselben Höhe. Die Inflation sollte sich aber heuer und 2014 leicht abschwächen. Dass sie dennoch um fast einen Prozentpunkt höher liegt als in Deutschland, erklären die Ökonomen mit höheren Preisen für Dienstleistungen, und da vor allem in regulierten Bereichen (Parkgebühren, Maut, Kosten für Rauchfangkehrer), aber auch in der Gastronomie.
Beide Institute warnen davor, den Trend zu rückläufigen Budgetdefiziten durch nicht finanzierte Wahlversprechen oder Konjunkturpakete zu gefährden. Es gebe genug andere Risiken wie budgetäre Effekte des Bankenpakets sowie Unsicherheiten des Erfolgs von Maßnahmen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite, wie die Finanztransaktionssteuer oder im Gesundheitssystem.