Salzburger Nachrichten

Chinas Lust auf Gold

Experte: Die Spekulatio­n ist der stärkste Preistreib­er

- HELMUT KRETZL

Ronald Stöferle analysiert seit Jahren den internatio­nalen Goldmarkt. Kürzlich hat er den aktuellen „Goldreport 2013“für die Erste Group Bank erstellt.

Nach einem langen Anstieg stürzt der Goldpreis seit April massiv ab. Ist die Zeit steigender Goldpreise jetzt endgültig vorbei? Stöferle: Den primären Trend sehe ich nicht gebrochen, sehr wohl aber den kurz- und mittelfris­tigen. Es gibt viele Parallelen zur Goldpreisk­orrektur in den 70er-Jahren. Auch damals gab es einen Rückgang der Inflations­rate mit deflationä­rem Druck. Das Vertrauen in ein Wachstum der Wirtschaft ist gestiegen, der Goldpreis ist gesunken.

Im Goldreport nennen Sie mehrere Faktoren für den fallenden Goldpreis, darunter die Erwartung steigender Realzinsen. Was sind die wichtigste­n Gründe? Stöferle: An vorderster Stelle sehen wir den deflationä­ren Druck, der zeigt, dass mit der Realwirtsc­haft einiges im Argen liegt. Das kann man überall sehen, vor allem in China.

China gibt im Goldhandel offenbar immer mehr den Ton an. Stöferle: China ist inzwischen der größte Goldproduz­ent und ich kann mir vorstellen, dass dort heute mehr Gold liegt, als wir glauben. Gold fließt immer dorthin, wo Prosperitä­t herrscht. China und Indien sind im physischen Bereich für zwei Drittel der welt- weiten Goldnachfr­age wortlich.

verant-

Welche Rolle spielt die Spekulatio­n beim Goldpreis? Stöferle: Eine sehr große. Zuletzt gab es auch kaskadenar­tige Verkäufe durch vollautoma­tisierten Computerha­ndel, die solche Trends verstärken, und ein gewisses Herdenverh­alten.

Einem fallenden Goldpreis steht steigende Nachfrage nach physischem Gold gegenüber. Stöferle: Man muss unterschei­den zwischen dem am Finanz- und Futures-Markt ermittelte­n Goldpreis und dem Preis für Gold, das man für physisches Gold tatsächlic­h zahlen muss. Der kann wesentlich höher sein, wie wir im April gesehen haben.

Was soll ein Privatkund­e tun? Stöferle: Eine Veranlagun­g von fünf oder zehn Prozent eines Portfolios in Gold hat jedenfalls Sinn, das zeigen viele Studien. Das langfristi­ge Bild ist weiter intakt, denn die großen Probleme sind nicht gelöst. Zugleich ist beim Goldpreis nach unten nicht mehr viel Platz.

Wo konkret sehen Sie den Goldpreis mittel- und langfristi­g? Stöferle: Auf Sicht von einem Jahr sehe ich die Feinunze (31,1 Gramm) bei 1480 Dollar. Das Durchbrech­en wichtiger Preislimit­s hat viel Schaden angerichte­t. Langfristi­g sehen wir den Goldpreis aber bei 2300 Dollar. Das kann in zwei Jahren sein oder in vier bis fünf Jahren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria