Im Urlaub ist Zeit, Neues zu beginnen
Innovationen. Viele Gäste suchen im Urlaub nicht nur Erholung, sondern schmieden Pläne und überlegen einen Neustart. Damit das möglich wird, gilt es für Hoteliers und Touristiker schon lang vorher, sich Gedanken zu machen.
SALZBURG, WIEN (SN). Für Arnulf Hartl steht fest: Der Wellnessboom ist beendet. Wellness sei 15 Jahre lang Jobmotor und Wachstumsfeld gewesen, „der Gast heute aber will einen Urlaub plus, er will nicht nur Heilsversprechen, sondern eine nachhaltige Verbesserung seiner Gesundheit“, betont der Immunologe an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Hartl auch mit der Entwicklung von Innovationen im Gesundheitstourismus. Seine medizinischen Untersuchungen und Studien machten vor zwei Jahren nicht nur die KrimmlerWasserfälle zu einem Urlaubsort zum Aufatmen für Allergiker und Asthmatiker. Im letzten Jahr wurde mit Hartls medizinischer Unterstützung auch die Arbeitsgemeinschaft der Pinzgauer Lifetime-Hotels vom Wirtschafts- und Tourismusministerium als „Leuchtturmprojekt“ausgezeichnet.
Das Gesundheitsprogramm der aktuell acht Lifetime-Hotels lautet: Der Urlaub in der Natur soll nicht nur erholsam und gesund sein, er soll einen Bewusstseinswandel hin zu einem gesunden Lebensstil auch nach den Ferien mit sich bringen. Ausgearbeitet wurde dafür eine Kombination aus Wanderurlaub und gesunder Ernährung sowie Mentalcoaching, dazu Wissensvermittlung von Kräuterkunde bis hin zur Anwendung von Schüsslersalzen.
„Unsere Gäste sollen so weit profitieren, dass sie nachhaltig gesünder leben“, sagt die Sprecherin der Lifetime-Hotels, Isabella Dschullnigg vom Saalbacher Hof. Das Versprechen, das man basierend auf den medizinischen Untersuchungen den Gästen gibt: „Mit Urlaub bei uns Lebensjahre verlängern.“
Einen Nutzen soll der Gesundheitsurlaub aber nicht nur den Gästen bringen. Bereits gelungen ist ein intensiver Austausch der acht mittelständischen Hotels, die als Lifetime-Marke auch online gemeinsam auftreten. „Wir betrachten uns nicht als Konkurrenten, sondern sehen die Gruppe befruchtend. Wir lernen voneinander und geben uns Tipps“, betont Dschullnigg. Auch bei den Buchungen macht man auf Wunsch gemeinsame Sache. So ist der gesundheitsfördernde Aufenthalt nicht auf jeweils ein Hotel beschränkt. „Man kann auch drei Tage bei uns und drei weitere in einem anderen Haus verbringen. Wenn ich selbst reise, bleibe ich ja auch nicht immer an einem Ort“, erklärt Dschullnigg.
Für den Immunologen Arnulf Hartl ist wichtig: „Der Gast soll spüren, wie es auch daheim besser geht.“Urlaub sei eine besonders gute Gelegenheit und auch Zeit dafür, Neues zu beginnen.
Um solche Prozesse anzuschieben, hat Christian Stranger aus Altenmarkt mit drei Gleichgesinnten, mit denen er ein Masterstudium an der New Design University in St. Pölten absolviert hat, eine Firma gegründet, die innovative Lösungen für Betriebe entwickelt – der Name: 14.40 Innovationsgestaltung. Wenn ein Hotelier überlege, wie er sein Unternehmen in einen Ganzjahresbetrieb umfunktionieren könne, reiche die Erweiterung des Wellnessbereichs längst nicht mehr aus, sagt Innenarchitekt Stranger, der seit 14 Jahren selbstständig ist und hauptsächlich im Tourismus arbeitet. Notwendig sei ein ganzheitliches Konzept, betont er. Die wesentlichen Faktoren dabei seien jene Themen, die für Gäste am wichtigsten seien: eine intakte Natur zu erleben, Zeit zu haben, Entschleunigung und Gesundheit – „der neue Luxus“. Hier gelte es anzusetzen und zwar unter Einbindung von Eigentümern, Mitarbeitern und am besten auch Gästen.
Neben Stranger gehören zur 14.40 Innovationsgestaltung Andrea Koscher aus Linz, Harald Gutmeier aus Horn und Renate Bauer, die aus Salzburg stammt und in St. Pölten lebt. Sie kommen aus verschiedenen Berufen – Technik, Forschung, Grafik und Mode. Stranger erklärt, „es geht darum, verschiedene Berufe zusammenzuspannen. Jeder hat einen anderen Zugang und auch eine andere Arbeitsweise“. Dadurch habe man aber auch „das Handwerkszeug, um Neues zu sehen“.
Den Probelauf hat das Quartett im Vorjahr mit der Abschlussarbeit an der Bildungseinrichtung der Kreativwirtschaft absolviert. Für diese Arbeit wurde für den Ort Ybbsitz, der von starker Abwanderung geprägt ist, ein neues Konzept entwickelt. Früher dominierte die Metallverarbeitung den Ort, es gab mehr als 100 Schmieden, heute gibt es nur noch zwei Schaubetriebe. Im Zentrum der neuen Ideen steht der „Speicher“, ein Veranstaltungszentrum im Berg. Auch Lichtumlenkung über Spiegel auf die Schattseite ist in der Projektarbeit ein Thema.
In Workshops, etwa für die Gruppe der rund 70 Wanderhotels, hat das 14.40-Team versucht, die verstärkte Sehnsucht der Gäste nach dem Ursprünglichen in konkrete Angebote umzumünzen. „Wandern klingt noch nicht cool“, sagt Stranger, daher gelte es den Begriff gleichsam aufzuladen – das beginne bei der Entwicklung neuer Services und gehe über natürliche Materialien in den Innenräumen und reiche bis zur offeneren Gestaltung von Räumen. So könnte ein Skikeller oder ein Radabstellraum durchaus als kommunikative Werkstatt gesehen werden.
„Es geht nicht darum, ein fertiges Konzept aus der Schublade zu ziehen, sondern es mit Betroffenen unter Berücksichtigung ihres Umfeldes von innen heraus gemeinsam zu entwickeln“, so lautet die Philosophie.
Der Firmenname – 14.40 – bezieht sich übrigens auf ein Treffen der vier Kreativen auf einer Skihütte in Annaberg in Niederösterreich. 14,40 Euro war der Preis für eine Flasche Wein, wie Stranger erzählt. Infos zu den Leuchtturmprojekten: http://www.bmwfj.gv.at