Krebsvorsorge wirkt beim Darm am besten
Screening. Bei kaum einem Vorsorgeprogramm gegen Krebs sind sich internationale Experten so einig wie beim Darm.
OBERNDORF, SALZBURG (SN). Das Europäische Forum für Gesundheitsförderung ist mit Empfehlungen für die Krebsvorsorge äußerst vorsichtig. Die regelmäßige Feststellung des PSA-Werts als möglichen Hinweis auf ein Prostatakarzinom wird nur Risikopatienten nahegelegt. Und sogar für das Screening der weiblichen Brust (Mammographie) sehen die internationalen Experten derzeit keinen zwingenden Grund.
Ganz anders dagegen beim Dickdarmkrebs. Hier gibt es eine klare Empfehlung, spätestens ab dem 50. Lebensjahr durch regelmäßige Darmspiegelung vorzusorgen. Denn bei der Früherkennung von Dickdarmkrebs überleben 90 Prozent der Patienten.
Erst kürzlich hat das ein internationaler Kongress in den USA bestätigt. Demnach konnte die gefährliche Spätphase des Darmkarzinoms bei Patienten über 50 Jahren durch die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung von 118 auf 74 Fälle pro 100.000 verringert werden. Das sind minus 37 Prozent. Auch die Darmtumoren, die sich erst im Anfangsstadium befanden, sind zurückgegangen: von 77 auf 67 Fälle pro 100.000 Patienten.
Dieser Rückgang der Darmkar- zinome erfolgte genau in der Zeit, in der die Vorsorgeuntersuchungen zugenommen haben. Die Teilnehmerzahl ist in den USA in den vergangenen drei Jahrzehnten von 27 auf 63 Prozent gestiegen. „Damit konnten in diesen 30 Jahren in den USA 550.000 Fälle von Darmkrebs verhindert werden“, hieß es bei den Kongress.
Auf ähnliche Erfahrungen verweist Christian Datz, ärztlicher Leiter des Krankenhauses Oberndorf und Professor an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg (PMU). Im Rahmen eines Vorsorgeprogramms wurden bisher die Daten von 3460 Patienten ausgewertet. Bei 0,6 Prozent wurde ein Tumor festgestellt, und zwar fast durchgängig im Frühstadium. „Von den 21 Patienten, bei denen ein Karzinom entdeckt wurde, haben nur zwei eine Chemotherapie benötigt“, betont Datz. Bei allen anderen konnte das noch kleine Karzinom entweder schon während der Darmspiegelung oder durch einen minimalinvasiven Eingriff hundertprozentig beseitigt werden.
Mehr noch: Bei knapp 30 Prozent wurden Polypen entdeckt. Der Großteil war ungefährlich, aber fünf Prozent befanden sich bereits in einem Vorläuferstadium zum Krebs. Diese Entwicklung hin zum Tumor konnte rechtzeitig abgefangen werden.
Die Wirkung der Vorsorgeuntersuchungen wird im Vergleich zu jenen Patienten deutlich, die bereits mit Beschwerden ins Krankenhaus gekommen sind. Bei rund 10.000 Fällen wurden knapp 100 Dickdarmkarzinome entdeckt. Das scheint auf den ersten Blick prozentuell nur geringfügig mehr als bei den Patienten in der Vorsorgeuntersuchung. Aber der entscheidende Unterschied ist, dass diese Karzinome großteils bereits fortgeschritten waren. 15 Prozent dieser Patienten benötigten eine Radiotherapie, 30 Prozent eine Chemotherapie, 6,5 Prozent waren bereits unheilbar erkrankt.
Eine weitere Erkenntnis: Männer haben früher ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs als Frauen. Nach vorläufigen Ergebnissen kann beim Mann die erste Vorsorgeuntersuchung im Alter von 50 Jahren schon zu spät sein. Auch eine polnische Studie fand knapp vier Prozent der Darmkarzinome bei Männern unter 50 Jahren.
Datz möchte erreichen, dass die Krankenkassen bei Männern, speziell wenn sie zusätzliche Risiken wie Übergewicht oder Diabetes haben, eine Darmspiegelung auch vor dem 50. Lebensjahr bezahlen.