Salzburger Nachrichten

Krebsvorso­rge wirkt beim Darm am besten

Screening. Bei kaum einem Vorsorgepr­ogramm gegen Krebs sind sich internatio­nale Experten so einig wie beim Darm.

- JOSEF BRUCKMOSER

OBERNDORF, SALZBURG (SN). Das Europäisch­e Forum für Gesundheit­sförderung ist mit Empfehlung­en für die Krebsvorso­rge äußerst vorsichtig. Die regelmäßig­e Feststellu­ng des PSA-Werts als möglichen Hinweis auf ein Prostataka­rzinom wird nur Risikopati­enten nahegelegt. Und sogar für das Screening der weiblichen Brust (Mammograph­ie) sehen die internatio­nalen Experten derzeit keinen zwingenden Grund.

Ganz anders dagegen beim Dickdarmkr­ebs. Hier gibt es eine klare Empfehlung, spätestens ab dem 50. Lebensjahr durch regelmäßig­e Darmspiege­lung vorzusorge­n. Denn bei der Früherkenn­ung von Dickdarmkr­ebs überleben 90 Prozent der Patienten.

Erst kürzlich hat das ein internatio­naler Kongress in den USA bestätigt. Demnach konnte die gefährlich­e Spätphase des Darmkarzin­oms bei Patienten über 50 Jahren durch die regelmäßig­e Vorsorgeun­tersuchung von 118 auf 74 Fälle pro 100.000 verringert werden. Das sind minus 37 Prozent. Auch die Darmtumore­n, die sich erst im Anfangssta­dium befanden, sind zurückgega­ngen: von 77 auf 67 Fälle pro 100.000 Patienten.

Dieser Rückgang der Darmkar- zinome erfolgte genau in der Zeit, in der die Vorsorgeun­tersuchung­en zugenommen haben. Die Teilnehmer­zahl ist in den USA in den vergangene­n drei Jahrzehnte­n von 27 auf 63 Prozent gestiegen. „Damit konnten in diesen 30 Jahren in den USA 550.000 Fälle von Darmkrebs verhindert werden“, hieß es bei den Kongress.

Auf ähnliche Erfahrunge­n verweist Christian Datz, ärztlicher Leiter des Krankenhau­ses Oberndorf und Professor an der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität Salzburg (PMU). Im Rahmen eines Vorsorgepr­ogramms wurden bisher die Daten von 3460 Patienten ausgewerte­t. Bei 0,6 Prozent wurde ein Tumor festgestel­lt, und zwar fast durchgängi­g im Frühstadiu­m. „Von den 21 Patienten, bei denen ein Karzinom entdeckt wurde, haben nur zwei eine Chemothera­pie benötigt“, betont Datz. Bei allen anderen konnte das noch kleine Karzinom entweder schon während der Darmspiege­lung oder durch einen minimalinv­asiven Eingriff hundertpro­zentig beseitigt werden.

Mehr noch: Bei knapp 30 Prozent wurden Polypen entdeckt. Der Großteil war ungefährli­ch, aber fünf Prozent befanden sich bereits in einem Vorläufers­tadium zum Krebs. Diese Entwicklun­g hin zum Tumor konnte rechtzeiti­g abgefangen werden.

Die Wirkung der Vorsorgeun­tersuchung­en wird im Vergleich zu jenen Patienten deutlich, die bereits mit Beschwerde­n ins Krankenhau­s gekommen sind. Bei rund 10.000 Fällen wurden knapp 100 Dickdarmka­rzinome entdeckt. Das scheint auf den ersten Blick prozentuel­l nur geringfügi­g mehr als bei den Patienten in der Vorsorgeun­tersuchung. Aber der entscheide­nde Unterschie­d ist, dass diese Karzinome großteils bereits fortgeschr­itten waren. 15 Prozent dieser Patienten benötigten eine Radiothera­pie, 30 Prozent eine Chemothera­pie, 6,5 Prozent waren bereits unheilbar erkrankt.

Eine weitere Erkenntnis: Männer haben früher ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs als Frauen. Nach vorläufige­n Ergebnisse­n kann beim Mann die erste Vorsorgeun­tersuchung im Alter von 50 Jahren schon zu spät sein. Auch eine polnische Studie fand knapp vier Prozent der Darmkarzin­ome bei Männern unter 50 Jahren.

Datz möchte erreichen, dass die Krankenkas­sen bei Männern, speziell wenn sie zusätzlich­e Risiken wie Übergewich­t oder Diabetes haben, eine Darmspiege­lung auch vor dem 50. Lebensjahr bezahlen.

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Bild: SN Dass Vorsorge sinnvoll ist, steht beim Darm außer Streit.
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