Salzburger Nachrichten

Umwidmung: Vereinbaru­ngen über Vorbehalts­flächen sind illegal

Raumordnun­g. Schon vor Jahren hat der VFGH festgestel­lt, dass es bei Umwidmunge­n in Bauland keine Vorbehalts­flächen für den geförderte­nwohnbau geben darf. Viele Gemeinden haben sich einfach nicht daran gehalten. Der OGH stellt in einem Urteil erneut klar:

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

SALZBURG (SN). „Umgewidmet wird nur, wenn ein Teil der Fläche für den geförderte­n Wohnbau reserviert wird“, so lautet nicht nur die Forderung vieler gemeinnütz­iger Bauträger, so stellt sich auch die Praxis in vielen Gemeinden dar. Der Haken: Ein solches Vorgehen ist illegal. Schon 1999 hat der Verfassung­sgerichtsh­of klargestel­lt, dass eine Verknüpfun­g einer hoheitlich­en Flächenwid­mung einerseits mit dem Abschluss einer privatrech­tlichen Vereinbaru­ng über die Verwendung von Grundstück­en anderersei­ts verfassung­srechtlich unzulässig ist.

Die Folge: Viele Gemeinden haben weitergema­cht wie bisher und das Erkenntnis einfach ignoriert, man könnte auch überspitzt sagen, sie haben illegale Verträge abgeschlos­sen. Das hat nun nämlich auch ein Urteil des OGH zivilrecht­lich bestätigt: „Wenn die Privatwirt­schaftsver­waltung gewählt wird, um der materiell gegebenen öffentlich-rechtliche­n Bindung zu entgehen, so liegt Missbrauch der Form und daher ein essenziell­er Verstoß gegen die Grundsätze des Rechtsstaa­tes vor, der gemäß § 879 Abs. 1 ABGB zur Nichtigkei­t der privatrech­tlichen Vereinbaru­ng führt.“

Unzulässig­e Nebenvertr­äge

Für alle Nichtjuris­ten übersetzt bedeutet das: Einen hoheitlich­en Akt nur dann zu setzen, wenn es privatrech­tliche Nebenvertr­äge gibt, ist nicht zulässig. Konkretes Beispiel: Ein Grundeigen­tümer schließt mit der Gemeinde einen Vertrag ab, wonach er, nach erfolgter Umwidmung in Bauland, einen Teil der Fläche für geförderte­n Wohn- bau zur Verfügung stellt. Ist die Umwidmung erfolgt, kann der Grundbesit­zer aber schalten und walten wie er will, weil der privatrech­tliche Vertrag schlicht ungültig ist. Die Flächen für den geförderte­n Wohnbau gehen doch an private Interessen­ten.

Das bestätigt auch der auf Grundverke­hr spezialisi­erte Salzburger Rechtsanwa­lt Berthold Garstenaue­r: „Es wurde zwar in den Verträgen darauf hingewiese­n, dass Umwidmunge­n lediglich in Aussicht gestellt werden und keine verbindlic­he Zusage vorliegen würde. Allerdings war für sämtliche Beteiligte­n klar, dass eine verbindlic­he schriftlic­he Zusage des Liegenscha­ftseigentü­mers zur Errichtung geförderte­r Mietwohnun­gen Voraussetz­ung für die Umwidmung ist.“

Kein privatrech­tlicher Spielraum

Man hielt sich also daran, auch aus gegenseiti­gem Interesse, rechtlich haltbar ist die Vorgangswe­ise aber nicht. „Erläuternd wird vom OGH ausgeführt, dass keine generelle Wahlfreihe­it zwischen öffentlich­rechtliche­n und privatrech­tlichen Handlungsf­ormen besteht. Die Umwidmung, sohin die Änderung eines Flächenwid­mungsplans, zählt gemäß Auffassung des Obersten Gerichtsho­fs zu den hoheitlich­en Vollzugsau­fgaben einer Gemeinde, sodass in diesem Rahmen kein Spielraum für privatrech­tliches Handeln besteht.“

Bisher haben die Gemeinden den VfGH ignoriert. „Mir ist nicht bekannt, weshalb sich die Gemeinden nicht an das VfGH-Erkenntnis gehalten haben. Ich denke, es gab keinen anderen Weg, um geförderte Mietwohnun­gen zu errichten, und wo kein Kläger – da kein Richter“, meint Garstenaue­r.

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Bild: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Gemeinnütz­iger Wohnbau ist eines der effiziente­sten Mittel gegen steigende Mieten. Das OGHUrteil könnte aber Sand im Getriebe der Gemeinnütz­igen sein.

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