Die Abenddämmerung der Großen Koalition
Bei der ÖVP sieht man es, bei der SPÖ kann man es sich ausrechnen – Die Regierung befindet sich in einer existenziellen Krise.
Als Betrachter der Hypo-Vorgänge wird man den Verdacht nicht los, dass hier das größtmögliche Problem auf die kleinstmögliche Problemlösungskompetenz trifft.
Finanzminister Michael Spindelegger ist, wenn seine Körpersprache nicht trügt, in Gedanken bereits in seinem nächsten Job in der EU-Kommission. Wie man der ÖVP ja überhaupt dankbar dafür sein muss, dass sie ihre in regelmäßigen Abständen zur Obmanndebatte gesteigerten Befindlichkeitsstörungen immer vor aller Öffentlichkeit ausbreitet.
In der SPÖ ist das anders. In diese Partei kann man nicht hineinschauen, son- dern ist bei der Beurteilung ihres Innenlebens auf Indizien angewiesen. Dazu vier aktuelle Beispiele.
BundeskanzlerWerner Faymann nimmt zum Thema Hypo nach Tunlichkeit überhaupt nicht Stellung oder – wenn es sich gar nicht vermeiden lässt – möglichst nichtssagend. Der SPÖ-Vorsitzende vermittelt den Eindruck, als gehe ihn das alles nichts an. Wenn man abends an seinem Amtssitz vorbeigeht, kommt es nicht selten vor, dass um 17 Uhr schon alle Lichter aus sind. Frühschluss.
Eugen Freund, Spitzenkandidat der SPÖ für die Europawahl, nimmt sich ein Beispiel an seinem Schweigekanzler und sagt nach seiner krassen Fehlschätzung der Arbeitereinkommen in Österreich sicherheitshalber nichts mehr.
Laura Rudas, als SPÖ-Bildungssprecherin aufrechte Kämpferin gegen Elitenbildung und Studiengebühren, hängt ihre politische Karriere an den Nagel, um sich an der kostspieligen US-Privatuni Stan- ford weiterzubilden. Wenn es da nur ja zu keiner sozialen Selektion kommt . . .
Und die Granden in ÖGB und Arbeiterkammer? Unter einem ÖVP-Kanzler drohten sie mit einer „brennenden Republik“. Unter einem SPÖ-Kanzler fällt ihnen zur Rekordarbeitslosigkeit und zur Erhöhung der Tabak- und Autosteuern, die den „kleinen Mann“am härtesten treffen wird, gar nichts ein.
Diese Indizien zeigen: Nicht nur die ÖVP, auch die SPÖ befindet sich in einer existenziellen Krise. Aussitzen, Kopf einziehen, die eigenen Schäfchen ins Trockene bringen, mit Schweigen die Inhaltsleere kaschieren, Machterhalt um jeden Preis. Das ist in beiden Regierungsparteien die Handlungsmaxime.
Die sich amWahlabend abzeichnende Abenddämmerung der einst Großen Koalition ist schneller hereingebrochen als gedacht. Was kommt danach?
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