Osterfestspiele: Skandal endet mit Haftstrafen
Untreue. Einstiger Technikchef der Salzburger Festspiele und früherer Geschäftsführer der Osterfestspiele verursachten Millionenschaden.
SALZBURG (SN). Drei Jahre und zwei Monate Gefängnis für Klaus K., drei Jahre und zehnMonate für Michael D.: So lauteten am Donnerstag die Urteile im Salzburger Untreue- und Betrugsprozess um die Osterfestspielaffäre.
Die Schuldsprüche des Schöffensenats unter Vorsitz von Richterin Daniela Meniuk-Prossinger sind nicht rechtskräftig: Sowohl Klaus K., der wegen seines Geständnisses zu einem kleinen Teilbereich der Anklage die etwas geringere Strafe erhielt, als auch Michael D. nahmen Bedenkzeit. Im Gegensatz zu K., dem Anfang 2010 fristlos entlassenen Technischen Direktor der Salzburger Festspiele, hatte der Ende 2009 gefeuerte Geschäftsführer der Osterfestspiele in allen Anklagepunkten seine Unschuld beteuert.
Die Vorwürfe an die Angeklagten in dem bereits im September eröffneten Megaprozess betrafen vorwiegend ungerechtfertigte Provisionen, Honorar- und Gehaltszahlungen. Klaus K. – wegen Verhandlungsunfähigkeit für längere Zeit aus dem Prozess ausgeschieden – soll die Osterfestspiele GmbH und die Salzburger Festspiele um rund 1,5 Mill. Euro geschädigt haben. Michael D. wiederum fügte seinem Dienstgeber, der Osterfestspiel GmbH sowie dem European Art Forum, einen Schaden von 1,6 Mill. Euro zu.
Das Erstgericht folgte in der Urteilsbegründung großteils der Staatsanwaltschaft. Demnach hatte Michael D. rund 840.000 Euro ohne rechtliche Grundlage an Klaus K. überwiesen. Dass die Gelder zu Recht geflossen seien, wie die Angeklagten beteuerten, glaubte der Schöffensenat nicht.
Nach insgesamt 35 Verhandlungstagen gab es zudem Schuldsprüche zu einer Reihe weiterer Vorwürfe. Dagegen kam es im Anklagepunkt, der eine Provision von 300.000 Euro für die Anwerbung eines russischen Mäzens als Förderer der Osterfestspiele betraf, zu einem Freispruch im Zweifel. Der 53-jährige Klaus K. und der 47-jährige Michael D. wurden darüber hinaus zu einem Kostenersatz von jeweils 839.620 Euro an die Osterfestspiele verurteilt. Michael D. muss zudem weitere 423.554 Euro zahlen.
Wer die Frage nach Verantwortung, schuldhaftem Verhalten und mangelnder Kontrolle stellt, die zwischen 2002 und 2009 der Salzburger Osterfestspiele GmbH laut ihrer Darstellung einen Millionenschaden eingebracht haben, muss ein Puzzlespiel zusammensetzen. Behält man dabei sowohl die strafrechtliche als auch die zivilrechtliche Aufarbeitung durch die Gerichte im Auge, ergibt sich ein stimmiges Bild von Malversationen, bei dem allerdings noch der Eckstein fehlt: die Rechtskraft dieser Urteile.
Im Zivilverfahren ging es um die Haftungsfrage. Genauer: Um Geld. Wer zahlt für den Schaden? Im Strafverfahren war dagegen die Frage kriminellen Handelns und die Höhe des dadurch entstandenen Schadens entscheidend. Dort wurde den Osterfestspielen nun bescheinigt, dass ihnen je 839.000 Euro plus 423.000 Euro zustehen. Ob sie davon je etwas sehen werden, wo doch selbst die Prozesskosten uneinbringlich scheinen, steht auf einem anderen Blatt.
Der Zivilprozess hatte das Strafverfahren „überholt“. Auf ziviler Ebene wurde – in erster und zweiter Instanz – prinzipiell festgehalten, wer „dem Grunde nach“für das Debakel hafte:
Die Instanzen konstatierten, allerdings in unterschiedlicher Form, einen Vermögensschaden durch „überhöhte Zahlungen ohne Rechtsgrundlage“. Diese Geldflüsse habe der Ex-Geschäftsführer der Osterfestspiele, Michael D., veranlasst: für sich und für Klaus K., damals Technischer Direktor der Salzburger Festspiele.
Dass D. dies ungestört tun konnte, war laut Zivilurteil jenem Rechtsanwalt i. R. anzulasten, der damals Zwei-Prozent-Anteilhalter an der Osterfestspiele GmbH war. Zu seinen Aufgaben gehörte die Abwicklung des Zahlungsver- kehrs. Er und sein Kanzleipartner hätten die Sorgfalts- undWarnpflicht bezüglich der Zahlungen an D. nicht ausgeübt. Das OLG Linz sah es etwas anders: Es entließ den Kanzleipartner aus der Haftung, bestätigte aber die prinzipielle Haftung des Anwalts.
Das Zivilgericht verneinte die Haftung eines Nutznießers: nämlich des (auch für die Osterfestspiele tätigen) Klaus K. Ihm hatte Ex-Geschäftsführer Michael D. eine Provision von 300.000 Euro im Zusammenhang mit Sponsoring-Anbahnung (Mäzen Igor Vidyaev) genehmigt. Sie war auf verschlungenen Wegen auf ein Konto in Nordzypern geflossen. Aber das Zivilgericht befand: Wenn Michael D. als damaliger Geschäftsführer dies genehmigt habe, könnten sich die Osterfestspiele nun nicht an Klaus K. schadlos halten.
Was von all dem Bestand hat, zeigt sich, wenn der Zivilprozess die Instanzen passiert hat. Das wird dauern.
Es folgte das Strafverfahren. Dort saßen die beiden Protagonisten – und kurzfristig, weil bald abgeurteilt, auch eine Nebenfigur – auf der Anklagebank. Das Gericht stellte nunmehr fest:
Ex-Geschäftstführer D. habe durch diese „rechtsgrundlosen“Überweisungen an sich und an Klaus K. Untreue gegenüber den Osterfestspielen in Millionenhöhe begangen. Klaus K. wurde strafrechtlich Untreue und Betrug angelastet. Übrigens: Es gibt keine Bindungswirkung zwischen einem Zivilurteil und einem Strafverfahren. Aber, was die Vidyaev-Provision betrifft: Wurde sie Klaus K. schon vom Zivilgericht nicht per Haftung aufgebürdet, so wurde sie im Strafverfahren bei beiden Angeklagten im Zweifel nicht als kriminalisierend betrachtet. Bemerkenswert.
Was bleibt derzeit unterm Strich? Ein allzu argloser Ex-Anwalt, der sich offenbar nicht vorstellen konnte, langjährige Stützen der Hochkultur könnten sich dreist selbst bedienen. Und zwei Festspielmanager, die gezeigt haben, wie relativ so manches in derWelt der Hochkultur doch ist, wenn der schnöde Mammon lockt und ein anfälliges System ausgetrickst werden kann.