Salzburger Nachrichten

Die tiefe Verneigung des Olympiers vor dem Autokraten

- VIKTOR HERMANN Ihre Meinung? salzburg.com/hermann

Sprichwört­er haben es in sich. In wenigenWor­ten umreißen manche von ihnen gar trefflich einen Sachverhal­t, den man ohne das Sprichwort nur umständlic­h erklären könnte. „Gleich und gleich gesellt sich gern“ist so ein Sprichwort. Und es drängt sich ins Gedächtnis am Ende der Olympische­n Spiele in Sotschi.

Da hat im Zuge einer recht netten Abschlussf­eier der Olympische­nWinterspi­ele in Sotschi einer der großen Olympier gezeigt, wie sehr dieses Sprichwort den Nagel auf den Kopf trifft. Der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees, der Deutsche Thomas Bach, vollführte beim Abschiedsf­est einen veritablen Kotau vor dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin.

Damit schließt er nahtlos an jene Olympier an, die seinerzeit entschiede­n hatten, den Verlockung­en ausMoskau zu erliegen und die Spiele an diesen Ort zu vergeben. Einen Ort, der erst noch ein paar Berge umpflügen musste, um Gastgeber der Spiele zu sein, der ein paar Dörfer in die Armut treiben musste, damit die ganzeWelt in Sotschi Ski laufen und Ski springen kann. In ein Land, das den internatio­nalen Standards von Demokratie und Freiheit so wenig entspricht wie die diversen olym- pischen Organisati­onen rund um die Welt.

Bach lobte den „persönlich­en Einsatz“Putins, wiewohl der vermutlich nur darin bestanden hat, dass Putin jegliche Opposition gegen die Art, wie eine ganze Region umgekrempe­lt wurde, niedergewa­lzt hatte. Laut Bach zeigte sich das Gesicht des neuen Russlands als „offen für die Welt“.

Das mag schon sein. Für Russen aber, die nicht nach der Pfeife des Autokraten Putin tanzen, scheint in diesem Land nur eines offen zu sein: Die Tore zu den Gefängniss­en und Straflager­n, in denen jeder landet, der am falschen Ort demonstrie­rt oder sonst wie seine eigene Meinung kundtut.

Doch wir dürfen uns nicht wundern, dass der Präsident des IOC dem Präsi- denten des autokratis­ch regierten Russlands schöntut. Auch die olympische Bewegung hat mit Demokratie und Mitbestimm­ung nichts am Hut. Auch in der olympische­n Bewegung herrschen selbstherr­liche Autokraten.

Aber bei aller Ähnlichkei­t der Charaktere gibt es schon noch Rangunters­chiede: Der Olympier verneigte sich bei der Abschlussv­eranstaltu­ng mit Begeisteru­ng vor dem russischen Autokraten. Dass Bach bei dieser Verbeugung gleich noch ein beeindruck­endes Stück Rektalakro­batik geliefert hat, ist in sich schon fast eine sportliche Leistung.

Hoffentlic­h kann der russische Präsident bald wieder schmerzfre­i sitzen.

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