Schuldig der Untreue in Millionenhöhe
Osterfestspiel-Urteil. Die Verteidiger schossen sich am Finaltag nochmals auf die Anklage gegen Michael D. und Klaus K. ein. Vergeblich.
SALZBURG (SN). Haben Klaus K., Ex-Technikchef der Salzburger Festspiele (SFF), und Michael D., Ex-Geschäftsführer der Osterfestspiele GmbH (OFS) und kurzzeitig auch vom Verein European Art Forum (EAF), ihre Dienstgeber um insgesamt zwei Millionen Euro geschädigt oder nicht?
Am Dienstag, in den Schlussplädoyers des Salzburger Untreue- und Betrugsprozesses, hatten Staatsanwalt Michael Schindlauer und die Verteidiger Leopold Hirsch (für Klaus K.) und Johann Eder (für Michael D.) nochmals ihre Sicht der Dinge dargelegt. Dabei wurden teils harte Attacken gegen die Anklage geritten.
ImHauptvorwurf – bezogen auf die angeklagte Schadenshöhe – war es es um 840.000 Euro gegangen: Diese Summe hatte der zweitangeklagte Michael D., von 1997 bis zur Entlassung 2009 Geschäftsführer der OFS, demnach „ohne jede Rechtsgrundlage“in vielen Einzeltranchen auf Konten von Klaus K. überwiesen. Laut Staatsanwalt lagen den zwischen 2002 und 2009 erfolgten Zahlungen für „technische Beratungsund Planungsleistungen“für diverse Osterfestspielaufführungen „teils gar keine Leistungen“von K. zugrunde. „Und für die Arbeiten, die die Technische Abteilung des SFF und ihr Direktor, Herr K., tatsächlich für diese Aufführungen erbracht haben, durfte gar nichts zusätzlich in Rechnung gestellt werden“, sagte der Staatsanwalt, denn: Laut Kooperationsverträgen zwischen dem „großen“SFF und dem „kleinen Bruder“OFS „erhielt Herr K. für diese Tätigkeiten ohnehin eine Pauschale“.
K.s Verteidiger Hirsch hatte darauf scharf gekontert: „Mein Mandant hat für die von ihm gestellten Rechnungen (teils über 15.000, aber auch über 70.000 Euro, Anm) sehr wohl Leistungen erbracht, die nicht mit dieser Pauschale bereits abgegolten waren. Bis es zur Aufführung kommt, hat eine Produktion eine oft jahrelange Vorlauf- und Planungsphase. Und für diese Arbeit, die mein Mandant an Samstagen, Sonntagen oder am Abend für das OFS geleistet hat, hat es eben keinen Vertrag zwischen SFF und OFS gegeben.“Hirsch hatte bloß eingeräumt: „Herr K. hatte ein Nebenbeschäftigungsverbot. Er hat – wenn auch außerhalb der Dienstzeit bei den SFF – zusätzlich für die Osterfestspiele gearbeitet und das nicht gemeldet. Das ist arbeitsrechtlich von Relevanz, aber nicht strafrechtlich. Mein Mandant wurde ja ohnehin entlassen.“
Auch Johann Eder, Anwalt von MichaelD., hatte diesbezüglich jedes untreue Handeln seines Man- danten zurückgewiesen: „Hier fehlt es schon am Motiv von Herrn D.: Warum hätte er Klaus K. quasi mit Geld zuschütten sollen für Leistungen, die dieser gar nicht erbringt? Das ist absurd.“
Beiden Angeklagten hatte der Staatsanwalt zudem angelastet, ungerechtfertigt eine 300.000-Euro-Provision aus einer 2,5 Millionen-Euro-Zuwendung des russischen Kunstmäzens Igor Vidyaev an die OFS lukriert zu haben. Das Geld habe D. auf ein von K. eingerichtetes Konto im Ausland überwiesen. Verteidiger Hirsch hatte auch hier Freispruch gefordert – ebenso wie sein Kollege Eder: Es sei „gängige Praxis“gewesen, Provisionen zu kassieren – auch in dieser Höhe. Dass die Provision Klaus K. nach erfolgreicher Vermittlung zugestanden sei, habe schon die zuständige Richterin im Zivilprozess indirekt festgestellt, sagte Hirsch: Die Klage der Osterfestspiele GmbH auf Rückzahlung der Provision sei nämlich rechtskräftig abgewiesen worden.
Klaus K. war zudem auch ein Betrug zulasten der Salzburger Festspiele mit einem Schaden von 323.853 Euro vorgeworfen worden. Mit einem diesbezüglich bereits zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilten deutschen Medienkaufmann soll er die SFF in sechs Fällen zu Zahlungen für Bühnenequipment (Scheinwerfer, Projektoren etc.) verleitet haben, das aber nie geliefert wurde. Dazu der Staatsanwalt: „Die angeblich für diverse Aufführungen bestimmten Geräte wurden oft nicht nur nicht geliefert. Sie wurden teils gar nicht benötigt.“Bezüglich zweier „Scheinlieferungen“– ein Hubpodium und eine Stahlgrundkonstruktion, für die der deutsche Geschäftspartner von K. kassierte, aber nichts lieferte – zeigte sich K. auch geständig. Anwalt Hirsch: „Mein Mandant hat den Schaden von 133.000 Euro auch schon gutgemacht.“Das Gros der Summe war als „Kickback-Zahlung“wieder an Klaus K. zurückgeflossen.
Michael D. wiederum warf der Ankläger zudem vor, Provisionen in Höhe von 360.000 Euro ungerechtfertigt kassiert zu haben. D. hatte wiederholt ein höheres Gehalt für seine Geschäftsführertätigkeit bei den Osterfestspielen gefordert, war damit aber immer abgeblitzt. Sein Mandant, sagte Verteidiger Eder, habe – angesichts dessen, dass er für die OFS ab 2002 „dann nicht nur Fulltime, sondern oft sogar bis zu achtzig Stunden die Woche tätig war“–, fünf Prozent Provision von allen Sponsoreneinnahmen der Osterfestspiele gefordert: „Dies wurde ihm als zusätzliche Entlohnung auch zugesichert.“Zur Untermauerung der Rechtmäßigkeit dieser Abgeltung hatte D. auf ein Schreiben vom 5. September 2002 an einen Hofrat in der Präsidialabteilung des Landes Salzburg, dem damaligen Alter Ego von Altlandeshauptmann Franz Schausberger, verwiesen, das vom Hofrat unterschrieben worden war. „Er hat aber damit keine Zustimmung zu der Provisionszahlung gegeben“, konterte der Staatsanwalt. „Er hat nur gesagt, er hat die Forderung zur Kenntnis genommen. Mit dem Schreiben erfolgte keine Genehmigung.“
Weiters habe sich Michael D. eine Provision von 50.000 Euro aus einer Zuwendung von einer Million Euro des Kunstliebhabers Donald Kahn an die Osterfestspiele – entgegen der Ansicht des Staatsanwalts – zu Recht ausbezahlt, betonte Eder. Der Staatsanwalt hatte Michael D. jedoch angelastet, dass dieser selbst sowie auch andere Personen bezüglich der Geldzuwendung in diversen Schriftstücken wiederholt von einer „Spende“gesprochen hätten. Und sogar in dem bereits erwähnten Schreiben vom 5. 9. 2002, wonach D. angeblich eine Provision von fünf Prozent pro Jahr auf alle Sponsoreinnahmen zugestanden sei, habe er, Michael D., ja explizit geschrieben, dass nur Provisionsansprüche „auf Sponsoreinnahmen“bestünden, aber ausdrücklich „nicht auf Spenden“.
Schließlich hatte der Staatsanwalt Michael D. auch angelastet, dieser habe sich für das erste Halbjahr 2003 als Mitbegründer des für 2004 geplanten, aber dann geplatzten European Art Forum (EAF) ungerechtfertigt 35.000 Euro als Honorar „selbst gewährt“. Laut Staatsanwalt hätte eine Honorierung aber erst „ab dem Zeitpunkt der Errichtung eines ordentlichen Budgets und dessen Bedeckung“erfolgen sollen. Für Verteidiger Eder war der Honoraranspruch jedoch gerechtfertigt gewesen: „Mein Mandant hat ja für das letztlich gescheiterte EAF erhebliche Vorarbeiten geleistet.“
Urteil: drei Jahre und zwei Monate Haft für Klaus K. wegen Untreue und gewerbsmäßigen schweren Betrugs, drei Jahre und zehn Monate für Michael D. wegen Untreue. Nicht rechtskräftig.