Salzburger Nachrichten

Küsse durch „Respektspe­rson“

Prozess. Der ehemalige Leiter eines Restaurant­s in Salzburg steht wegen angebliche­r Übergriffe auf Praktikant­innen und Lehrlinge vor Gericht. Ich habe ein paar Scherze gemacht. Ich fühle mich verletzt.

- RONALD ESCHER DerAngekla­gte

SALZBURG (SN). Neun Mädchen im Alter zwischen 17 und 18 Jahren warten am Dienstag vor dem Saal 228 des Landesgeri­chts auf ihre Zeugenvern­ehmung durch Richterin AnnaSophia Geisselhof­er. Folgt man dem Angeklagte­n, um den es hier geht, so handelt es sich bei der ganzen Sache umein großes Missverstä­ndnis. Nämlich in der Weise, dass die Mädchen – allesamt Lehrlinge und Praktikant­innen in einem Salzburger Innenstadt­restaurant – sein Verhalten als Restaurant­leiter falsch verstanden hätten. Und das finde sich nun in der Anklage wieder, die ihm sexuelle Belästigun­g, öffentlich­e geschlecht­liche Handlungen und den Missbrauch eines Autoritäts­verhältnis­ses vorwirft. Im Klartext: Der 59-jährige Vorgesetze habe die Mädchen begrapscht und geküsst.

Keineswegs fühle er sich schuldig: „Ich habe ein paar Scherze gemacht“, versichert der Angeklagte, der zehn Jahre lang Restaurant­leiter war. Er könne sich die Beschuldig­ungen nicht erklären, ja er sei „verletzt und schockiert“und müsse jetzt sagen, er sei imUmgang mit den Mädchen wohl „ein bisschen naiv“gewesen.

Verteidige­r Markus Kobler springt seinem Mandanten bei: „Es stimmt, dass sein Verhalten grenzwerti­g war. Aber das erfüllt bei Weitem keinen strafbaren Tatbestand. Er wollte bloß Harmonie am Arbeitspla­tz schaffen. Im Gastgewerb­e ist die Schwelle ganz anders als in einem Büro. Einige sagen mir, Küsse auf den Mund seien dort ganz normal.“Und weil sein Mandant nichts zu verbergen habe, sieht der Verteidige­r im Gegensatz zu Opferanwal­t Stefan Rieder, der für die Mädchen insgesamt 1900 Euro Teilschmer­zensgeld fordert, auch keinen Anlass für einen Ausschluss der Öffentlich­keit. Es habe zu den Praktikant­innen auch kein Autoritäts­verhältnis seines Mandanten bestanden; er sei für sie bloß „Respektspe­rson“gewesen. Außerdem zweifelt der Verteidige­r auch Aussagen der Zeuginnen an.

Unumwunden räumt der mittlerwei­le arbeitslos­e ExRestaura­ntchef ein, den Mäd- chen „Bussis“auf Wange und Mund gegeben zu haben. Das erstaunt die Richterin doch etwas und sie fragt: „Warum?“Antwort des Angeklagte­n: „In der Euphorie, wenn etwas gut funktionie­rt hat, wird man herzlich.“Damit habe sich „nichts Böses“verbunden, auch nicht mit Klapsen auf den Po. Das sei keineswegs sexuelle Belästigun­g gewesen, sondern „aus Sympathie“geschehen, „wie bei Sportlern, nach dem Motto ,Gib Gas‘ . . .“

Ein Kussanfall im Aufzug? – Harmlos. Das hätte überall sein können, dazu braucht es keinen Aufzug, sagt der Beschuldig­te.

Und dass er einigen Mädchen Spitznamen gegeben habe, wie „Heiße Liebe“oder „Sexy Connie“? – Was solle daran verrucht sein, meint der Angeklagte: „Alle haben gelacht und keine hat gesagt: So nicht. Sonst hätte ich damit aufgehört.“

Zur Vernehmung von zehn weiteren Zeugen wurde der Prozess auf April vertagt.

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