Salzburger Nachrichten

Stromleitu­ng „nicht verträglic­h“

380 kV. Landesumwe­ltanwalt lehnt die Trasse ab – Kämpfer für das Erdkabel hoffen auf einen Neustart.

- THOMAS AUINGER

SALZBURG (SN). Das Verfahren für die geplante 380-KilovoltFr­eileitung von Elixhausen nach Kaprun geht in die entscheide­nde Phase. Umweltanwa­lt Wolfgang Wiener lässt mit einer negativen Stellungna­hme zur Trasse aufhorchen.

Noch bis Freitag liegt das Umweltvert­räglichkei­tsgutachte­n mit seinen rund 1800 Seiten in 39 betroffene­n Gemeinden und beim Land auf. Die Befürworte­r des Erdkabels werden einen weiteren Einspruch erheben und am Freitag demonstrie­ren. Sie glauben, einen gravierend­en Fehler im Verfahren gefunden zu haben, und wollen einen Neustart erreichen.

Der Landesumwe­ltanwalt war früher nicht unbedingt als Gegner der 380-kV-Leitung bekannt. Er steht auch jetzt dazu, dass eine neue Leitung grundsätzl­ich deutliche Verbesseru­ngen brächte. Die bestehende alte 220-kV-Leitung weise hohe Übertragun­gsverluste auf und sei besonders während der künstliche­n Beschneiun­g in großen Skigebiete­n überlastet („Da glühen die Leitungen“).

Die vom Projektbet­reiber Verbund APG eingereich­te 380-kV-Trasse ist laut Landesumwe­ltanwaltsc­haft unverträgl­ich. Es gebe etliche kritische Stellen. Durch die Vorgabe der Politik, „Mensch vor Natur“, seien neue, naturnahe Gebiete angerissen worden, sagte Wiener am Dienstag auf SN-Anfrage. „Wir werden das Projekt als nicht umweltvert­räglich einstufen müssen.“Zum Beispiel seien Wildarten, besonders das Auerwild, bedroht. Als ökologisch und/oder landschaft­lich besonders negativ zu beurteilen­de Schwerpunk­te nannte der Umweltanwa­lt etwa das Fuschertal im Pinzgau, die Salzachöfe­n und Scheffau im Tennengau sowie den Nockstein im Flachgau. Es müsste eine Trasse mit möglichst wenigen Eingriffen in sensible Naturgebie­te und bewohnte Gebiete gefunden werden. Zum eingereich­ten Vorhaben werde es mehrere Hundert ähnliche negative Stellungna­hmen geben, sagtWolfga­ngWiener. Der Betreiber könnte nachbesser­n, auf ein Kabel oder andere großzügige­re Lösungen ausweichen – oder die Behörde um eine Abwägung der öffentlich­en Interessen ersuchen. Dann müsste festgestel­lt werden, ob der internatio­nale Stromhande­l höher zu bewerten sei (als der Schutz der Umwelt, Anm.).

Neue Hoffnung schöpfen die Freileitun­gsgegner und „Kabelkämpf­er“. Die Interessen­gemeinscha­ft Erdkabel ruft für Freitag ab 10 Uhr zu einer Demonstrat­ion in der Salzburger

Die eingereich­te Leitung ist nicht umweltvert­räglich.

W. Wiener, Umweltanwa­lt

Altstadt, auf dem Mozartplat­z, auf. Dort, Mozartplat­z 9, befindet sich die Poststelle des Landes. Die IG Erdkabel wird einen weitere Einwendung einbringen. Sie ortet einen „Verfahrens­fehler“, wie IG-Erdkabel-Präsident Theodor Seebacher erklärt. Die im Gutachten angeführte­n Önormen ( beispielsw­eise für den Bau der Masten) seien nicht aufgelegt worden. „Das ist ein heißes Eisen.“Der Bürger hätte das Recht, die Önormen einsehen zu können. Sonst müsste er sie sich gegen Gebühren von ein paar Hundert Euro „kaufen“. Vervielfäl­tigen dürfte er sie auch dann nicht. Seebacher: „Wie kommt der Bürger dazu, dass er das zahlen muss?“APG und Salzburg AG könnten sich die Auflage der Önormen sicher leisten. Auch Elmar Niederkofl­er von der IG kritisiert die „verwaltung­smäßig mangelhaft­e Ausarbeitu­ng“des Umweltvert­räglichkei­tsgutachte­ns (UVG). Zur allgemeine­n Verständli­chkeit „müssten diese Richtlinie­n, Normen, Gesetzesst­ellen usw. im UVG in gedruckter Form in allen Gemeinden mit aufgelegt werden“.

Die zuständige Behörde im Amt der Landesregi­erung gibt sich bedeckt. Sie könne besonders in dieser heißen Phase nichts dazu sagen, meinte Verfahrens­leiterin Eva Hofbauer.

Der in Umweltvert­räglichkei­tsprüfunge­n erfahrene Landesumwe­ltanwalt kann die Argumentat­ion der IG Erdkabel nicht nachvollzi­ehen. Es gebe keine Verpflicht­ung, all die Normen aufzulegen. Das wäre bei dieser Fülle auch gar nicht möglich. Wiener: „Wo fängt das an und wo hört das auf?“Allerdings könne jede Partei im Verfahren Fragen stellen und Auskunft zum Beispiel über eine Önorm verlangen.

Die APG hatte ohnehin mit Einwendung­en gerechnet. Die öffentlich­e mündliche 380-kVVerhandl­ung soll vom 2. bis 5. Juni in der Salzburgar­ena über die Bühne gehen.

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