Stromleitung „nicht verträglich“
380 kV. Landesumweltanwalt lehnt die Trasse ab – Kämpfer für das Erdkabel hoffen auf einen Neustart.
SALZBURG (SN). Das Verfahren für die geplante 380-KilovoltFreileitung von Elixhausen nach Kaprun geht in die entscheidende Phase. Umweltanwalt Wolfgang Wiener lässt mit einer negativen Stellungnahme zur Trasse aufhorchen.
Noch bis Freitag liegt das Umweltverträglichkeitsgutachten mit seinen rund 1800 Seiten in 39 betroffenen Gemeinden und beim Land auf. Die Befürworter des Erdkabels werden einen weiteren Einspruch erheben und am Freitag demonstrieren. Sie glauben, einen gravierenden Fehler im Verfahren gefunden zu haben, und wollen einen Neustart erreichen.
Der Landesumweltanwalt war früher nicht unbedingt als Gegner der 380-kV-Leitung bekannt. Er steht auch jetzt dazu, dass eine neue Leitung grundsätzlich deutliche Verbesserungen brächte. Die bestehende alte 220-kV-Leitung weise hohe Übertragungsverluste auf und sei besonders während der künstlichen Beschneiung in großen Skigebieten überlastet („Da glühen die Leitungen“).
Die vom Projektbetreiber Verbund APG eingereichte 380-kV-Trasse ist laut Landesumweltanwaltschaft unverträglich. Es gebe etliche kritische Stellen. Durch die Vorgabe der Politik, „Mensch vor Natur“, seien neue, naturnahe Gebiete angerissen worden, sagte Wiener am Dienstag auf SN-Anfrage. „Wir werden das Projekt als nicht umweltverträglich einstufen müssen.“Zum Beispiel seien Wildarten, besonders das Auerwild, bedroht. Als ökologisch und/oder landschaftlich besonders negativ zu beurteilende Schwerpunkte nannte der Umweltanwalt etwa das Fuschertal im Pinzgau, die Salzachöfen und Scheffau im Tennengau sowie den Nockstein im Flachgau. Es müsste eine Trasse mit möglichst wenigen Eingriffen in sensible Naturgebiete und bewohnte Gebiete gefunden werden. Zum eingereichten Vorhaben werde es mehrere Hundert ähnliche negative Stellungnahmen geben, sagtWolfgangWiener. Der Betreiber könnte nachbessern, auf ein Kabel oder andere großzügigere Lösungen ausweichen – oder die Behörde um eine Abwägung der öffentlichen Interessen ersuchen. Dann müsste festgestellt werden, ob der internationale Stromhandel höher zu bewerten sei (als der Schutz der Umwelt, Anm.).
Neue Hoffnung schöpfen die Freileitungsgegner und „Kabelkämpfer“. Die Interessengemeinschaft Erdkabel ruft für Freitag ab 10 Uhr zu einer Demonstration in der Salzburger
Die eingereichte Leitung ist nicht umweltverträglich.
W. Wiener, Umweltanwalt
Altstadt, auf dem Mozartplatz, auf. Dort, Mozartplatz 9, befindet sich die Poststelle des Landes. Die IG Erdkabel wird einen weitere Einwendung einbringen. Sie ortet einen „Verfahrensfehler“, wie IG-Erdkabel-Präsident Theodor Seebacher erklärt. Die im Gutachten angeführten Önormen ( beispielsweise für den Bau der Masten) seien nicht aufgelegt worden. „Das ist ein heißes Eisen.“Der Bürger hätte das Recht, die Önormen einsehen zu können. Sonst müsste er sie sich gegen Gebühren von ein paar Hundert Euro „kaufen“. Vervielfältigen dürfte er sie auch dann nicht. Seebacher: „Wie kommt der Bürger dazu, dass er das zahlen muss?“APG und Salzburg AG könnten sich die Auflage der Önormen sicher leisten. Auch Elmar Niederkofler von der IG kritisiert die „verwaltungsmäßig mangelhafte Ausarbeitung“des Umweltverträglichkeitsgutachtens (UVG). Zur allgemeinen Verständlichkeit „müssten diese Richtlinien, Normen, Gesetzesstellen usw. im UVG in gedruckter Form in allen Gemeinden mit aufgelegt werden“.
Die zuständige Behörde im Amt der Landesregierung gibt sich bedeckt. Sie könne besonders in dieser heißen Phase nichts dazu sagen, meinte Verfahrensleiterin Eva Hofbauer.
Der in Umweltverträglichkeitsprüfungen erfahrene Landesumweltanwalt kann die Argumentation der IG Erdkabel nicht nachvollziehen. Es gebe keine Verpflichtung, all die Normen aufzulegen. Das wäre bei dieser Fülle auch gar nicht möglich. Wiener: „Wo fängt das an und wo hört das auf?“Allerdings könne jede Partei im Verfahren Fragen stellen und Auskunft zum Beispiel über eine Önorm verlangen.
Die APG hatte ohnehin mit Einwendungen gerechnet. Die öffentliche mündliche 380-kVVerhandlung soll vom 2. bis 5. Juni in der Salzburgarena über die Bühne gehen.