Parteien imWahlkampfrausch
Riesige Materialschlachten im Wahlkampf sollten per Gesetz verhindert werden. Das war nur teilweise der Fall. Dafür gibt es mehr Bürokratie – und teils verblüffende Auskünfte.
Ob es, wie beabsichtigt, mehr Transparenz bringt, wird sich erst herausstellen. Eines hat das neue Parteien-Transparenzgesetz samt Obergrenze für die Materialschlachten vor Wahlen auf jeden Fall gebracht: viel Bürokratie.
Die ÖVP nahm es laut eigenen Angaben ganz genau, um dem Gesetz Genüge zu tun. Ein eigenes Software-System wurde angeschafft. Kostenpunkt: 100.000 Euro. 15.000 Meldungen wurden in der heißen Phase des Nationalratswahlkampfs 2013 in das Systemeingegeben – von der Bundespartei, den Ländern bis hin zu den kleinsten Ortsorganisationen. Eingegeben wurde laut ÖVP alles: von den Kosten für die großen Wahlkampfveranstaltungen und den Ausgaben für die teurenWerbekampagnen bis hin zum Aufwand für die Podiumsdiskussion im hintersten Bergtal.
Enorm war auch der Papierkrieg, der im Gemeinderatswahlkampf im Frühjahr in Salzburg betrieben wurde. So musste etwa jeder der 3824 schwarzen Kandidaten auf den Listen in den 119 Gemeinden a) schriftlich bestätigen, dass er über das Parteiengesetz belehrt worden war, und b) schriftlich bestätigen, dass er die Vorschriften auch einhält. Auch der auf Platz 48 symbolisch Kandidierende. „Der Verwaltungs- aufwand ist fast unzumutbar“, sagt einer, der mit der Sache betrautwar. „Das führt zu Absurditäten, dass etwa auch die Partei einer 300-Einwohner-Gemeinde theoretisch bestätigen muss, dass sie im Gemeinderatswahlkampf nicht mehr als sieben Mill. Euro ausgegeben hat“, sagt er. Aber: „Will man alles sauber machen, muss man das somachen.“
Was unterm Strich herausgekommen ist, ist allerdings nicht das, was der Gesetzgeber wollte – zumindest nicht bei derÖVP imNationalratswahlkampf des Vorjahres: Sie gab zwischen dem Stichtag (9. Juli 2013) und dem Wahltag (29. September 2013) 11,2 Millionen Euro für den Wahlkampf aus – das sind um 4,2 Millionen mehr als die erlaubte Sieben-Millionen-Wahlkampfobergrenze. Nun droht eine Strafe von 665.000 Euro. Mehr wird nur das Team Stronach als Strafe bezahlenmüssen: Es rechnet mit 1,1 Mill. Euro Strafe dafür, dass es im Wahlkampf doppelt so viel ausgegeben hat wie erlaubt.
Die Wahlkampfkosten von Grünen und Neos liegen laut Eigenangaben unter der Obergrenze. Die Punktlandung der FPÖ scharf am Limit macht zumindest stutzig. Verblüffend sind auch die Angaben der SPÖ, die, wie sie heute demRechnungshof (RH) melden wird, kaummehr als erlaubt ausgegeben haben will. Das überrascht insofern, als die Kanzlerpartei von Juli bis September 2014 allein für Plakate, Inserate und Werbespots laut Marktforschungsinstitut Focus Research deutlich mehr ausgegeben hat als die ÖVP.
Für „ziemlich unglaubwürdig“hält der Grüne Dieter Brosz die Angaben der SPÖ. Es sei zudem aktenkundig, dass die SPÖ kurz vor derWahl noch Kosten in Millionenhöhe für eine Plakatserie übernommen habe, die vorher der rote Klub gezahlt hatte.
Prüfen muss alle Angaben jetzt der RH. Dem sind dabei allerdings weitgehend die Hände gebunden. Einblick in die Parteienfinanzen könnten die Prüfer nicht nehmen, heißt es beim RH. Vielmehr müssen die Parteien bei Unklarheiten um Stellungnahme gebeten werden.