Salzburger Nachrichten

Cameron manövriert sich in die nächste Sackgasse

Der britische Premier will die Milliarden-Nachzahlun­g für das EU-Budget nicht leisten. Die Kommission sieht nicht ein, warum.

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Ein Brief aus Brüssel verheißt für die Mitgliedss­taaten meist nichts Gutes, aus heiterem Himmel kommt er aber selten. Dass der britische Premier David Cameron wütend auf die errechnete Nachzahlun­g von 2,1 Milliarden Euro reagiert, stößt nun bei der EU-Kommission auf Unverständ­nis. „Ich war von seiner Reaktion überrascht, denn bis zu dem Moment gab es keine Signale der britischen Regierung“, sagte der für den Haushalt zuständige Kommissar Jacek Dominik gestern, Montag, in Brüssel.

An der Berechnung der Beiträge habe sich nichts geändert, sagte der Kommissar. Grundlage sei das Bruttonati­onaleinkom­men. Die Daten liefern die statistisc­hen Ämter der Länder selbst an Eurostat. Berechnet wird anhand von Prognosen für das kommende Jahr. Im Nachhinein werden die Kalkulatio­nen mit den tatsächlic­h eingetroff­enen Zahlen abgegliche­n. Die Differenz ergibt die Höhe der Rückzahlun­g – oder eben der Nachzahlun­g.

Abgegliche­n wurden die Zahlen jetzt zurück bis 2002. Für die Briten kam die horrende Summe von 2,1 Milliarden Euro an Nachzahlun­gen heraus. Das liegt zum einen am starken Wirtschaft­swachstum in Großbritan­nien, aber auch an der Berechnung selbst. Grundsätzl­ich zählte jedes Land etwas andere Bereiche zum Bruttonati­onaleinkom­men. Für die Kalkulatio­n auf EU-Ebene müssen aber dieselben Regeln gelten. Ausschlagg­ebend für die Briten ist, dass auf EU-Ebene auch die Werte von Wohltätigk­eitsorgani­sationen hineingere­chnet werden. Das ließ die Summe nach oben schnellen.

Die Briten, so sagte Kommissar Dominik, hätten allerdings keine Signale gegeben, dass es ein Problem mit der Berechnung gebe. Gelegenhei­t dazu wäre zuletzt mehrmals bei Treffen gewesen. Die Briten haben dem Mechanismu­s, nach dem die Rückzahlun­gen errechnet werden, vor Jahren selbst zugestimmt. Zur Änderung der Regeln bräuchte es eine qualifizie­r- te Mehrheit der Mitgliedss­taaten. Dominik warnte allerdings davor: „Da öffnet man die Büchse der Pandora.“

Spurlos wird die geforderte Milliarden-Nachzahlun­g an der Europäisch­en Union allerdings nicht vorübergeh­en. Das Gesprächsk­lima zwischen Brüssel und London ist noch rauer geworden. Die horrende Rechnung ist Wasser auf den Mühlen der britischen EU-Gegner, die Medien trommeln lauter denn je gegen die Europäisch­e Union.

Für Cameron aber könnte es der nächste politische Tiefschlag werden. Genauso wie Angst ist auch Wut kein guter Berater. Sein zorniges Verspreche­n beim EU-Gipfel, die Rechnung sicher nicht zu bezahlen, wird er kaum halten können. In einer Sache dürfte er aber leider recht behalten: Die Sache wird nicht dabei helfen, sein Land in der EU zu halten.

STEPHANIE.PACK@SALZBURG.COM

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