Salzburger Nachrichten

Nazis bekämpfen Salafisten

Die Krawalle in Köln belegen, dass Rechtsextr­eme in Deutschlan­d versuchen, die Hooligan-Szene zu unterwande­rn. Dieses Phänomen hat es in Österreich schon in den 1980er-Jahren gegeben.

- KÖLN.

Der typische Hooligan ist männlich, 20 bis 30 Jahre alt, gewaltbere­it und hat es auf gegnerisch­e Schlägertr­upps und Polizisten abgesehen. Spätestens seit der Hooligan-Demonstrat­ion mit schweren Ausschreit­ungen am Sonntag in Köln trifft die bisher gebräuchli­che Beschreibu­ng der Sport-Gewalttäte­r in einem Punkt nicht mehr zu: Die Krawalle belegen, dass ein Schultersc­hluss zwischen Hooligans und Rechtsextr­emen entstanden ist. Sie prügeln sich gemeinsam im Kampf gegen Salafisten.

In Deutschlan­d warnen Experten vor Verallgeme­inerungen: In Köln habe „eine Gruppe demonstrie­rt, die aus ganz unterschie­dlichen Strömungen besteht – nämlich gewaltbere­iten Hooligans, dann Hooligans mit Überschnei­dungen zur rechten Szene“, sagte der Leiter des nordrhein-westfälisc­hen Verfassung­sschutzes, Burkhard Freier. „Aber es haben sich zu dieser Versammlun­g auch Rechtsextr­eme angesammel­t, und zwar gewaltbere­ite Rechtsextr­emisten aus dem ganzen Bundesgebi­et.“17Menschen kamen in Polizeigew­ahrsam, auch Schläger aus Polen und Türkenware­n darunter, aber keine Österreich­er.

Österreich­er sollen aber unter den Demonstran­ten in Köln gewesen sein. Möglicherw­eise steckt sogar hinter der Bewegung Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa), die die Demo organisier­t hatte, ein Österreich­er. Zumindest tauchte bis vor Kurzem ein Richard P. als Gründer der gleichnami­gen Facebook-Gruppe auf. Das Dokumentat­ionsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­s (DÖW) prüft, ob es sich um denselben Richard P. handelt, der 2012 wegen NS-Wiederbetä­tigung und schwerer Körperverl­etzung rechtskräf­tig verurteilt­wordenwar. Er befindet sich im Moment auf freiem Fuß. P. soll Haftaufsch­ub bekommen haben, umsein Studium abzuschlie­ßen. P. soll einer derDrahtzi­eher hinter der Neonazi-Homepage alpen-donau.info sein, die heuer vorübergeh­end wieder aufgetauch­t war.

Neu ist das Phänomen nicht, dass rechtsextr­eme Fans unter Fußballanh­ängern rekrutiere­n. „Gottfried Küssel ist deshalb in den 1980erJahr­en zu Fußballspi­elen gegangen“, bestätigt ein DÖW-Mitarbeite­r. Und er verweist auf denmittler­weile verbotenen Fanclub des FK Austria Wien „Unsterblic­h Wien“. Dessen Anhänger hatten 2010 bei einem Europa-League-Spiel „Adolf Hitler“-Parolen gerufen. Sogar ein Hitler-Gruß war zu sehen gewesen. Sieben Hooligans von „Unsterblic­h Wien“stehen derzeit wegen des Überfalls auf das Ernst-Kirchweger­Haus inWien vor Gericht.

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BILD: SN/APA/EPA 1300 Polizisten standen 4800 Demonstran­ten gegenüber.

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