China rüstet kräftig auf
Trotz schwacher Konjunktur will Peking deutlich mehr Geld für sein Militär lockermachen. Die Nachbarn Chinas sind deshalb beunruhigt.
Inmitten von Spannungen in Asien hat China eine weitere deutliche Aufrüstung seiner Streitkräfte angekündigt. Die Militärausgaben würden um „etwa zehn Prozent“steigen, kündigte die Sprecherin des Volkskongresses, Fu Ying, am Mittwoch an. „Wenn wir hinterherhängen, sind wir angreifbar.“Die Aufrüstung liegt zwar unter dem Niveau der beiden Vorjahre, allerdings klar über dem Wirtschaftswachstum der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.
Zum Auftakt der elftägigen Plenarsitzung in der Großen Halle des Volkes wird Regierungschef Li Keqiang heute, Donnerstag, ein Wachstumsziel von „etwa sieben Prozent“für dieses Jahr vorgeben, wie westliche Medien in Peking berichteten. Im Vorjahr war China mit 7,4 Prozent schon so langsam wie seit 24 Jahren nicht mehr gewachsen.
Die Aufrüstung der Streitkräfte sei Teil der Anstrengungen, China zu modernisieren, versicherte die Sprecherin des Volkskongresses. Der geplante Anstieg der Militärausgaben liege auf dem Niveau der Steigerung des gesamten Haushalts, der 2014 um 9,5 Prozentpunkte zugelegt hatte. Im Etat des vergangenen Jahres war Chinas Militäretat um 12,2 Prozent auf 808 Milliarden Yuan (heute umgerechnet 115 Milliarden Euro) angewachsen.
Das Internationale Friedensforschungsinstitut SIPRI in der schwedischen Hauptstadt Stockholm schätzt die tatsächlichen Ausgaben aber um gut die Hälfte höher ein, weil viele Posten wie Forschung und Entwicklung woanders auftauchen. Weltweit steht China damit auf Platz zwei – noch immer weit hinter den USA und vor Russland.
Seit mehr als einem Jahrzehnt sind Chinas Militärausgaben ähn- lich rasant wie seine Wirtschaft zweistellig gewachsen und machten etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Das ist nach SIPRI-Angaben mehr als in Japan, Deutschland oder Italien, aber weniger als in den USA, Russland, Großbritannien oder Indien.
In den Jahren von 2004 bis 2013 legten die Ausgaben für die Volksbefreiungsarmee laut Schätzungen um 170 Prozent zu, wie SIPRIExperte Sam Perlo-Freeman sagte. „Wenn man ganz weit zurück bis in die Zeit nach dem Kalten Krieg um 1992 blickt, haben sie sich sogar versiebenfacht.“
Chinas Aufrüstung lässt auch bei seinen Nachbarn die Alarmglocken schrillen. So gibt es heftige Spannungen über Chinas Ansprüche auf Inseln und Ölvorkommen im Südchinesischen und Ostchinesischen Meer und seine massive militärische Präsenz in den strittigen Seegebieten. Als Reaktion auf Chinas wachsende Militärmacht hat von Ja- pan über die Philippinen und Vietnam bis nach Indien längst ein Wettrüsten begonnen. Auch die Supermacht USA weitet ihre militärischen Aktivitäten im Asien-Pazifik-Raum aus.
Angesichts „wachsender nationaler Sicherheitsverpflichtungen“sei der Anstieg der Rüstungsausgaben „gemäßigt und angemessen“, argumentierte hingegen Chen Zhou, Forscher der Akademie für Militärwissenschaften.
Zum Auftakt der Jahrestagung legt der Premier seinen Arbeitsbericht und den Haushaltsentwurf vor. Zum Abschluss am 15. März werden die rund 3000 Abgeordneten darüber abstimmen. Das nicht frei gewählte Parlament hat noch nie eine Vorlage der Regierung abgelehnt. Der Volkskongress wird vom Kampf gegen Korruption überschattet. In diesem Jahr wurde die Rekordzahl von 39 Abgeordneten wegen Ermittlungen von ihren Ämtern entbunden.