Wien ist auch bei den Spitalsärzten anders
In der Bundeshauptstadt fiel das neue Dienst- und Gehaltsschema überdeutlich durch.
Deutlicher geht es fast nicht: Das neue Dienst- und Gehaltsschema ist bei den 3200 Ärztinnen und Ärzten des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) mit Pauken und Trompeten durchgefallen. 75 Prozent der Betroffenen beteiligten sich an der Urabstimmung, 87,44 Prozent von ihnen sagten Nein zu dem zwischen Stadt Wien, KAV, Gewerkschaft und Ärztekammer ausverhandelten Kompromiss.
Die Wiener Ärztekammer und die Rathausopposition drängen nun auf Nachverhandlungen. Das wurde von Rot-Grün bisher mit Hinweis auf den Ende Jänner auch von der Kammer unterschriebenen Vertrag abgelehnt. Er sieht u.a. höhere Grundgehälter vor, aber auch den Abbau von 382 Ärzten.
Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer, bekam folglich scharfe Kritik aus den eigenen Reihen zu spüren. Am Montag spielte er den Ball an den KAV weiter: Dort operiere man mit falschen Zahlen, denn mangels funktionierender Zeit- und Leistungserfassung sei unbekannt, wie viel Personal tatsächlich in welchen Abteilungen arbeite. Dass damit auch die Stadt Wien keine genauen Zahlen habe, habe das Verhandlungsteam auf Ärzteseite bei der Einigung nicht gewusst, beteuerte Szekeres.
Für einen Rücktritt sieht er keinen Grund: „Die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter hat ihr Misstrauen gegenüber dem Dienstgeber ausgesprochen, nicht gegenüber der Ärztekammer.“Deshalb gehe er davon aus, dass es „Nachverhandlungen wird geben müssen“. Das hält Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) für „nicht sinnvoll“. Außer die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten verlange sie. Dann werde halt das Gesamtpaket wieder aufgeschnürt, warnte sie und warf der Ärztekammer einen „Zickzackkurs“vor.
Ein neues Dienst- und Gehaltsschema in Österreichs Spitälern ist wegen der EU-Vorgabe notwendig, dass die Wochenarbeitszeit der Ärzte im Schnitt 48 Stunden nicht mehr überschreiten soll. Sie ist seit mehr als zehn Jahren bekannt und trat in Österreich mit Jahresbeginn in Kraft. Bis auf Niederösterreich waren alle Bundesländer (zu) spät dran. In einigen Ländern gibt es unterdessen (Übergangs-)Lösungen, die zum Teil auf eine mehr als 80prozentige Zustimmung bei den Spitalsärzten stießen.