Das EU-Parlament will Steuersünder aufspüren
Der Sonderausschuss zu LuxLeaks tagte erstmals. Der Name, unter dem er gemeinhin bekannt ist, soll nicht Programm bleiben.
Ziemlich genau vier Monate sind vergangen, seitdem ein Medienverbund im großen Stil die Steuerpraktiken von Luxemburg enthüllt hat. Multinationale Konzerne zahlen dort dank entsprechender Abkommen mit den Finanzbehörden Steuersätze, von denen der Durchschnittsbürger in Europa nur träumen kann.
45 Mitglieder hat der Sonderausschuss im EU-Parlament, der am gestrigen Montag in Straßburg erstmals zusammengetreten ist. LuxLeaks-Ausschuss wird er gemeinhin genannt, haben die Enthüllungen doch den Anstoß für die Untersuchung geliefert. Genau genommen läuft er aber unter dem Titel „Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung“. So umfangreich, wie es dieser Name vermuten lässt, ist auch das Ziel des Ausschusses. Er will nicht nur Luxemburg unter die Lupe nehmen, sondern alle EULänder. Sämtliche Steuerregelungen, die Finanzbehörden mit Konzernen geschlossen haben, sollen untersucht werden, rückwirkend bis ins Jahr 1991.
Ein Angriff gegen einzelne Staaten werde das nicht, betonten Vertreter aller politischen Fraktionen im Vorfeld. Man wolle vielmehr aufzeigen, dass die Steuerdeals eine weitverbreitete Praxis in beinahe allen EU-Mitgliedsstaaten sind. In welchem Ausmaß sie betrieben wird, dürfte für die Abgeordneten aber schwer herauszufinden sein. Das liegt auch daran, dass aus dem von den Grünen geforderten Untersuchungsausschuss nur ein Sonderausschuss geworden ist. Damit haben die Parlamentarier weniger Befugnisse, etwa beim Zugang zu Dokumenten nationaler Behörden oder beim Vorladen von Zeugen.
Vor den Ausschuss wollen vor allem die Grünen dennoch eine ganze Liste an Personen bringen. Darunter sind prominente Namen wie die von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Befragt werden sollen demnach auch Vertreter von internationalen Konzernen wie Google, Apple, Vodafone oder McDonald’s.
Auf Informationen bestehen kann der Ausschuss rechtlich nicht. Anders als die EU-Kommission, wenn sie Steuerdeals in Hinblick auf die Einhaltung des Wettbewerbsrechts prüft. Was der Sonderausschuss also kaum leisten wird, ist die Rechtmäßigkeit der Abkommen zu klären, die EU-Länder mit Konzernen geschlossen haben. Die Verflechtungen zwischen Finanzbehörden und Firmen wird er auch nicht auflösen können. Der Abschlussbericht kann aber aufzeigen: Zum Beispiel, dass Luxemburg mit den scharf kritisierten Steuerpraktiken nicht allein ist, sondern dass sie vielmehr weitverbreitet sind. Das bringt Öffentlichkeit für das Problem und letztlich die Länder unter Druck, ihr System zu überarbeiten.
STEPHANIE.PACK@SALZBURG.COM