Ein bisserl für Ordnung sorgen
Herr Viktor Hermann stellt in seinem Artikel „Die Internationale der ,nützlichen Privatpersonen‘“, SN vom 1. 4. 2015, Seite 3, ziemlich verwegene Thesen auf.
Einem US-Präsidenten würde es nicht im Traum einfallen, eine dritte Amtszeit zu übernehmen? Und wie war das bei Herrn Roosevelt? Und was die sicher untragbare Vorgangsweise Putins gegenüber seinen Gegnern anlangt: Guantánamo und die CIA-Gefängnisse in Polen und anderswo sind wohl auch kein Hohelied auf Demokratie und Menschenrechte; detto der Einsatz von Drohnen gegen unliebsame Personen. Resümee: Machthaber, egal wo, tun alles, um an der Macht zu bleiben. Dr. Helmut Grünling keine Ahnung hat. Im Übrigen darf man gespannt sein, ob Herr Hermann auch nur einen Namen von jenen „gefährlichen Mitwissern“nennen kann, die Putin angeblich hat „ermorden lassen“, – ganz zu schweigen von jeglichen glaubwürdigen Beweisen für diese an üble Nachrede grenzende Unterstellung. Auch kann keine „von Putin zugesperrte“kritische Zeitung genannt werden, weil es nämlich keine „Zusperrungen“gab.
Und noch etwas: Wer – gemessen an seriösem Expertenwissen – einem Patriarchen der europäischen Politik wie dem deutschen Altkanzler Helmut Schmidt nicht einmal das Wasser reichen kann, wäre gut beraten, von solch arroganten Einschätzungen dieser großen Persönlichkeit abzusehen. Sergey Smirnov Zum Interview mit Ludwig Scharinger „Putin sorgt dort ein bisserl für Ordnung“SN vom 27. 3. 2015, Seite 3.
Es verschlägt einem „ein bisserl“die Sprache: Ganz ungeniert und unbeeindruckt von den realen Vorgängen in Russland, der Ukraine und weiteren Nachbarstaaten äußert Ludwig Scharinger uneingeschränktes Verständnis für das Vorgehen von Wladimir Putin:
Die Annexion der Krim: Reiner Notwehrakt. Massive Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine: Grenz- verschiebungen (eines anderen Staates, nicht Russlands!) kann Putin nicht zulassen. Die praktisch völlige Ausschaltung der Bürgergesellschaft: Für Ordnung sorgen! Die Verfolgung und Ausschaltung missliebiger Medien: Die raunzen eh nur rum!
Bereicherung der Oligarchen (sicher nicht ohne Körberlgeld für die Regierenden): A bisserl was muss schon drin sein! Unterstützung rechtsextremer Gruppierungen in. und außerhalb Russlands: Geh, wo denn?
Man kann und sollte die Russen immer schätzen und braucht sich trotzdem nicht in einer solch peinlichen Apologetik auf Wladimir Putin und das von ihm errichtete autoritäre Regime ergehen. Ich kann Herrn Scharinger nur inständig wünschen, dass er nie in die Lage kommt, die ganzen Segnungen des Putin’schen Apparats einmal als einfacher Mann, ohne wirtschaftlichen Hintergrund und nicht abgesichert in einem freien Land, zu spüren zu bekommen.
Für alle, die im In- wie im Ausland unter den Auswüchsen der Putin’schen Ordnungsliebe leiden, ist dieses Interview ein reiner Hohn. Klaus Lastovka