Ein hoch mysteriöser Kriminalfall
Kind verschwand vor 35 Jahren spurlos – und es gibt zwei Geständnisse.
Das Letzte, was die Mutter des sechsjährigen Etan Patz – Sohn eines New Yorker Berufsfotografen – am Morgen des 25. Mai 1979 von ihrer Wohnung aus sah: Der kleine Bub war auf dem Weg zum Schulbus. Seither ist das Kind nie mehr aufgetaucht. In der Folge begann eine riesige Suchaktion. Überall war das Porträt des Kindes platziert, es erschien auch in überregionalen Zeitungen, im Fernsehen und auf Milchkartons. 1983 erklärte der damalige Präsident Ronald Reagan im Gedenken an Etan Patz den 25. Mai zum offiziellen „Tag der vermissten Kinder“.
Ein Jahr vorher hatte die Polizei den 35-jährigen Straßenhändler José Antonio Ramos im Verdacht, einen vorbestraften Kinderschänder. Doch die Beweise reichten nicht aus. 1990, fünf Jahre später, wurde er erneut befragt. Er gestand, einen Buben, den er mit 90-prozenti- ger Sicherheit als Etan Patz erkannte, in seine Wohnung mitgenommen zu haben, um ihn zu missbrauchen. Etan sei vorher gegangen. Zehn Jahre später gestand Ramos einem Zellengenossen den Mord. Er wurde 2004 zivilrechtlich für den Tod verantwortlich gemacht und zu zwei Mill. Dollar Schadenersatz verurteilt. Strafrechtlich blieb er unbehelligt. 2012 stieß die Polizei durch einen Hinweis auf den heute 54-jährigen Pedro Hernandez. Er hatte in einer Kneipe gearbeitet, die auf Etans Schulweg lag. Hernandez gestand, das Kind missbraucht, erwürgt und auf einer Müllhalde abgelegt zu haben. Die Leiche wurde nie gefunden. Im Prozess in New York, in dem die Jury derzeit berät, schwieg Hernandez. Die Verteidigung sagte, Hernandez sei geisteskrank und habe das Geständnis fabuliert. Wie es um seinen Geisteszustand bestellt ist, konnten Gutachter nicht eindeutig klären.