Salzburger Nachrichten

Türken-Protest nach Völkermord-Erklärung

Botschafte­r aus Wien zurückberu­fen. Ankara spricht von dauerhaft beschädigt­en Beziehunge­n.

- Zim, APA

Österreich­s Türken protestier­en gegen die Erklärung, die die sechs Klubchefs im Parlament zum Völkermord in Armenien abgegeben haben: In ganzseitig­en Zeitungsin­seraten machten sie am Mittwoch ihrem Ärger darüber Luft, dass der Nationalra­t die Ereignisse von 1915 „gemäß der einseitige­n armenische­n Erzählung als ,Völkermord‘ verurteilt“. Dies sei „eine Enttäuschu­ng“, heißt es in dem offenen Brief zahlreiche­r türkischer Verbände. Denn die Erklärung sei „ohne fundierte historisch-rechtliche Befunde erfolgt“.

Auch die türkische Regierung hat am Mittwoch gegen die Erklärung des Österreich­ischen Nationalra­ts protestier­t. Diese habe für „Empörung“gesorgt und werde die Beziehunge­n zwischen beiden Ländern „dauerhaft beschädige­n“, hieß es in einer Stellungna­hme des Außenminis­teriums in Ankara. Der Botschafte­r wurde aus Wien zurückberu­fen. „Wir lehnen diese voreingeno­mmene Haltung des österreich­ischen Parlaments ab“, hieß es weiter.

Die österreich­ischen Parlaments­parteien verwiesen darauf, dass man niemanden – „auch die Türkei“– nicht habe kränken wollen, aber die Wahrheit müsse ausgesproc­hen werden. Bei Vertreibun­gen und Massakern sollen 1915 laut Historiker­n bis zu 1,5 Millionen Armenier getötet worden sein.

SPÖ, ÖVP, FPÖ, die Grünen, Neos und das Team Stronach hatten am Dienstag in seltener Eintracht eine gemeinsame Erklärung ausgearbei­tet, in welcher der Massenmord an den Armeniern im Osmanische­n Reich 1915 als Genozid verurteilt wird. Gestern, Mittwoch, wurde im Nationalra­t der Opfer des Massenmord­s gedacht. Verwiesen wird in dem Papier auch auf die historisch­e Verantwort­ung Österreich­s, weil die k. u. k. Monarchie im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanische­n Reich verbündet war. Österreich­Ungarn hat nachweisli­ch von der Verfolgung wusst.

Die Türkei weigert sich bis heute, die Ermordung an den Armeniern als Völkermord zu benennen. Zuletzt zog sich Papst Franziskus den Zorn der türkischen Regierung zu, weil er den Mord an den Armeniern als ersten Genozid des 20. Jahrhunder­ts bezeichnet hatte. Der türkische Ministerpr­äsident Ahmet Davutoğlu warnte diese Woche in einem Brief davor, die Ereignisse von 1915 „auf ein einziges Wort zu reduzieren“und nur den Türken die Verantwort­ung zuzuschrei­ben.

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