Salzburger Nachrichten

Afroamerik­aner starb in Polizeigew­ahrsam

Ein Vorfall in der Stadt Baltimore löst neuerlich Entrüstung der Schwarzen in den USA aus.

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WASHINGTON. Alle sind empört. Die Angehörige­n Freddie Grays, die wissen wollen, warum der junge Mann sterben musste. Die Bewohner der armen Schwarzenv­iertel Baltimores, die den Cops noch nie über den Weg trauten. Und die schwarze Bürgermeis­terin Stephanie Rawlings-Blake, die mühsam versucht hatte, das angespannt­e Verhältnis zwischen den Bürgern und den Ordnungshü­tern zu verbessern.

Was fehlt, sind klare Antworten auf die Frage, was genau sich an dem Sonntagmor­gen des 12. April ereignet hat, als die Polizei den 25- jährigen Gray im Westen der Hafenstadt festnahm. Bisher gibt es nicht einmal einen nachvollzi­ehbaren Grund, warum die Polizei den Schwarzen verfolgt hatte. Laut Aussagen der beteiligte­n Offiziere rannte der Mann weg, als er den Streifenwa­gen sah. Dies habe die Verfolgung ausgelöst.

Zwei Straßenzüg­e weiter stellten die Cops den Flüchtende­n, der – so der stellvertr­etende Polizeiche­f Jerry Rodríguez – „ohne die Anwendung von Gewalt aufgab“. Bei der anschließe­nden Leibesvisi­tation sei ein Springmess­er in der Hosentasch­e Grays gefunden worden.

Ein von Augenzeuge­n aufgenomme­nes Handyvideo zeigt, wie ihn die Polizei in einen Gefangenen­transporte­r schleppt. Während auf dem Mitschnitt laute Schreie zu hören sind, ist deren Ursache nicht zu sehen. „Als er in den Transporte­r gesteckt wurde, konnte er reden und war wütend“, erklärte Rodríguez auf einer Pressekonf­erenz. „Und als Mr. Gray aus dem Wagen geholt wurde, konnte er weder sprechen noch atmen.“

Was in dem Gefangenen­transporte­r passierte, bleibt ein Rätsel. Laut Polizei hat Gray ein Sauerstoff­gerät verlangt. Statt ihm sofort zu helfen, brauchte die Polizei 42 Minuten, bis sie medizinisc­he Hilfe herbeiholt­e. „Wir hätten wohl früher einen Notarzt rufen sollen“, ge- steht Polizeiche­f Anthony Batts ein, der die sechs beteiligte­n Beamten vom Dienst suspendier­te. Eine Woche später starb Gray im Krankenhau­s an den Folgen einer Rückenmark­verletzung.

Der Anwalt der Familie, William „Billy“Murphy, meinte, die Erklärunge­n der Polizei seien „bizarr“. Schon die Verfolgung Grays sei nicht mehr als reine Polizeiwil­lkür gewesen. „Soweit ich weiß, gibt es so etwas wie einen Straftatbe­stand des Davonlaufe­ns nicht.“

Bürgermeis­terin Rawlings-Blake verspricht eine lückenlose Aufklärung des Falls und bittet die Bürger der Stadt Baltimore eindringli­ch, Ruhe zu bewahren.

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