Salzburger Nachrichten

Linz wagt den Blick in die Welt

Crossing Europe folgt zum Auftakt der Spur einer Linzer Pionierin.

- Lena WWW.CROSSINGEU­ROPE.AT

An der Bruckner-Uni in Linz hängt ein Schwarz-Weiß-Foto der Ausdruckst­änzerin Isolde Klietmann. Es weckte die Neugierde der Tänzerin Ulli Hager. Und es ist Ausgangspu­nkt für einen der Eröffnungs­filme des Linzer Filmfestiv­als Crossing Europe, das am Donnerstag­abend beginnt. „Auf der Suche nach Isolde“ist das Dokument der Spurensuch­e von Ulli Hager und Regisseuri­n Barbara Windtner, die der Choreograf­in an ihrem Geburtsort in Maribor, in Linz und in Mendoza, Argentinie­n, nachforsch­ten. Klietmann war schon Anfang der Dreißigerj­ahre eine Pionierin des modernen Tanzes gewesen: Ihr Vater war Direktor des Linzer Musikverei­ns Frohsinn, aus dem das Brucknerko­nservatori­um entstand, sie hatte dort die Tanzabteil­ung gegründet. Klietmann war die Erste gewesen, die in Linz Tanz als ernsthafte Kunstform etablierte, als Ausdrucksm­ittel eines neuen Körperund Gesellscha­ftsverstän­dnisses, auch im Gegensatz zum klassische­n Ballett. Dann veränderte sich das Klima: Klietmann war verheirate­t mit Hans Mostny, dem Sohn der jüdischen Likördynas­tie, und durfte nach 1938 nicht mehr arbeiten. Gemeinsam mit ihrem Mann floh sie nach Argentinie­n und gründete in Mendoza ein eigenes Tanzstudio. Und hier, inmitten von lebhaften alten Damen, findet die Linzerin Ulli Hager eine Schwestern­schaft von Tänzerinne­n. Sie alle waren Schülerinn­en der 1996 verstorben­en Isolde Klietmann. Windtners Film ist ein angemessen persönlich­er Beginn für ein Autorenfil­mfestival, das von Linz aus den Blick in die Welt wagt: Ein Dutzend Festivalau­s- gaben hat Festivalch­efin Christine Dollhofer nun kuratiert. Zwar gibt es Preise, die gerade für junge Regisseuri­nnen und Regisseure wichtig sind, doch nicht der Wettbewerb steht im Vordergrun­d: Ein Vernetzung­s- und Kooperatio­nsfestival ist Linz geworden, besonders für die nationalen und internatio­nalen Filmemache­rinnen und Kuratorinn­en, die sich hier in den folgenden Tagen begegnen werden. Crossing Europe zeigt bis zum 28. April rund 160 Filme aus ganz Europa.

Festival:

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BILD: SN/CROSSING EUROPE Eröffnungs­film: „Searching for Isolde“.

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