Eine sinnliche Reise durch die Traumwelten
Die Neue Oper Wien setzt im Musikleben der Stadt wieder einmal eigene Akzente mit einem Arnold-Schönberg-Abend.
WIEN. Erstaunlich, was sich in Wien noch alles an Räumen finden lässt, wo man Oper spielen kann. Walter Kobéra, der Vorkämpfer für zeitgenössisches Musiktheater, wurde in einer Party-Lounge im dritten Bezirk fündig, was wiederum Regisseurin Elisabeth Gabriel anregte, die Raritäten von Arnold Schönberg, die Richard Dünser bearbeitet und mit einem „Entreacte“verbunden hat, als Partyfantasie zu inszenieren. Und zwar in einer rätselhaften Atmosphäre, wie sie ein Stanley Kubrick für sein Traumspiel in „Eyes Wide Shut“angestrebt hatte. „Die EMS Lounge ist der Geheimtipp unter den angesagtesten EventLocations der Stadt! Mitten im Herzen Wiens ist es gelungen, geniales Ambiente, perfekte Erreichbarkeit und Eignung für fast jeden Event mit eleganter Moderne zu kombinieren“, heißt es auf der Homepage in reißerischem Neusprech. Akustisch verursachte der offene, funktionale Raum mit Rolltreppe allerdings Einbußen, die Bühnenbildner Hans Kudlich mit weißen Schleiern, die von der Decke hingen und später in Einzelteilen zu Boden schwebten, ein wenig mindern konnte.
Dennoch entwickelte sich am Dienstag zur Premiere der Sog von Schönbergs Stücken, von denen der Vorarlberger Komponist Richard Dünser den Liederzyklus „Das Buch der hängenden Gärten“in eine Kammermusikfassung gebracht hat, wohingegen Faradsch Karaew das Monodram „Erwartung“bearbeitet hat. Walter Kobéra, schon seit über zwei Jahrzehnten Inten- dant der Neuen Oper Wien, dirigierte sein vorzüglich geprobtes amadeus ensemble wien mit sicherer Hand.
Zu Stefan Georges erotisierten Gedichten von sexuellem Erwachen, Sehnsüchten und Träumen schrieb Schönberg quasi als Vorstufe seiner Zwölftonerkenntnisse eine konzentrierte, sinnlich luftige Partitur, grundiert mit organischen Dissonanzen. Die Linzer Mezzosopranistin Verena Gunz verfügt spielerisch über die geforderte Jugendlichkeit der von Träumen heimgesuchten Frauenfigur, welche die Regisseurin in eine Party mit Nebenwirkungen verpflanzte. Drei maskierte Paare tanzen und erstarren, Männer mit Wolfsköpfen tauchen auf, die handgreiflich feuchte Träume in die Realität holen. Eine laszive Performance. Dann verdichtet sich Schönbergs Musik unvermittelt zu weichen Strömen, zu Richard Dünsers raffiniert instrumentiertem, angefügtem „Entreacte“, ehe die souveräne Sopranistin Magdalena Anna Hofmann mit Schönbergs „Erwartung“erschien. Im Monodram mit lyrischen Ergüssen von Marie Pappenheims expressionistischem Text spielt Hofmann eine Frau auf der Suche nach Verschwundenem, Erinnerung und Hoffnung und weitere Gefühlsebenen mischen sich bis zur Auffindung des toten Geliebten, die Schönberg zu einer Partitur von gemalten, mitunter düsteren Seelenzuständen verdichtete. Eine tadellose Leistung von allen Beteiligten.
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