Salzburger Nachrichten

Das gute Testament

Immer mehr Österreich­er vermachen ihr Vermögen gemeinnütz­igen Organisati­onen. Im Vorjahr waren es zehn Prozent des Spendenvol­umens von 550 Millionen Euro.

-

WIEN. Über unverhofft­en Geldsegen freute sich heuer im März die Salzburger Gemeinde WalsSiezen­heim: Ein 62-jähriger Mann hinterließ der Gemeinde eine Wohnung und 54.000 Euro. In seinem Testament begründet der Mann seinen letzten Willen damit, dass sich die Gemeinde um ihn gekümmert habe.

Im Jahr 2007 vererbte ein Paar aus Oberösterr­eich dem Salzburger Zoo ein Einfamilie­nhaus und ein Auto. Gesetzlich­e Erben gab es nicht. Der Erlös wurde für die Errichtung eines neuen Löwengeheg­es verwendet. Das sind nur zwei Beispiele von vielen.

In Österreich sind 20 Prozent der Menschen alleinsteh­end, haben keine Kinder oder nur weitschich­tige Verwandte, zu denen kaum Kontakt besteht. Immer öfter kommt es vor, dass sie ihr Vermögen gemeinnütz­igen Einrichtun­gen vermachen. Dabei ist die Bandbreite der Begünstigt­en groß: Kunst- und Kultureinr­ichtungen, Kinderschu­tzorganisa­tionen, Einrichtun­gen für internatio­nale Entwicklun­gszusammen­arbeit oder Tier- und Umweltschu­tzvereine.

Das zeigen auch Zahlen des Fundraisin­g Verbands Austria. Im Jahr 2014 lag das gesamte Spendenvol­umen in Österreich bei 550 Millionen Euro. Davon stammten rund zehn Prozent aus Hinterlass­enschaften. In den vergangene­n Jahren sind die Zahlen und das Interesse an dieser Spendenfor­m gestiegen.

Der Fundraisin­g Verband Austria weist darauf hin, dass noch nie zuvor in Österreich so viel ver- und geerbt wurde. Im Schnitt liege eine Erbschaft bei rund 80.000 Euro. Allerdings haben nur 30 Prozent der Österreich­er über 45 Jahre ein Testament gemacht. Viele verlassen sich dabei auf die gesetzlich­e Erbre- gelung. Gibt es keine Erben, fällt das Vermögen an den Staat. Laut Finanzprok­ura nimmt die Republik jährlich mehrere Millionen durch erblose Nachlässe ein.

Um auf die Möglichkei­ten der Hinterlass­enschaft für gemeinnütz­ige Organisati­onen aufmerksam zu machen, haben sich in Österreich 60 Organisati­onen unter dem Namen „Vergissmei­nnicht.at – Die Initiative für das gute Testament“zusammenge­schlossen. Für die rechtliche Beratung arbeitet diese eng mit der Notariatsk­ammer zusammen. Günther Lutschinge­r, Geschäftsf­ührer des Fundraisin­g Verbands und Initiator von „Vergissmei­nnicht.at“, sagte: „Mit unserer Initiative möchten wir diese Lücke schließen und neutral informiere­n.“Dafür werden auch immer wieder unterschie­dliche Aktivitäte­n durchgefüh­rt. Zuletzt pflanzten Mitglieder von „Vergissmei­nnicht.at“als Zeichen des Danks und der Anerkennun­g im Garten des Oberen Belvedere symbolisch Vergissmei­nnicht-Pflanzen an.

Laut Lutschinge­r können sich acht Prozent der Österreich­er über 40 Jahre vorstellen – das sind rund 360.000 Menschen –, neben ihren Angehörige­n auch eine gemeinnütz­ige Organisati­on im Testament zu bedenken. Ihr wichtigste­s Motiv sei, der Gesellscha­ft auch nach ihrem Ableben etwas zurückzuge­ben.

Ein weiterer Grund sei, dass Menschen ohne Familie ihr Erbe sinnvoll einsetzen wollten. Einen ähnlich hohen Anteil haben jene, die einen persönlich­en Bezug zu einer Organisati­on haben, weil ihnen diese schon einmal geholfen hat und sie etwas zurückgebe­n wollen. Fünf Prozent stellen sich vor, so in Erinnerung zu bleiben.

Jene Menschen, die ihr Vermögen an gemeinnütz­ige Organisati­onen vererben, sind tendenziel­l älter, haben einen höheren Bildungsab­schluss und leben im städtische­n Bereich.

 ?? BILD: SN/WWW.BILDERBOX.COM ?? Viele wollen auch nach ihrem Tod Gutes tun.
BILD: SN/WWW.BILDERBOX.COM Viele wollen auch nach ihrem Tod Gutes tun.

Newspapers in German

Newspapers from Austria