Salzburger Nachrichten

Auch für Unternehme­n selbst ist die „Sharing Economy“interessan­t

Auto, Zimmer, Werkzeug teilen. Was Konsumente­n geboten wird, würden auch Unternehme­n dringend brauchen, vor allem kleine.

- Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria. WWW.SALZBURG.COM/GEWAGTGEWO­NNEN

Ob Airbnb in der Tourismusw­irtschaft, Uber im Taxigewerb­e oder car2go in der Autobranch­e: Zurzeit gehen alle Auguren davon aus, dass das Geschäft mit dem Teilen von Besitz stark wachsen wird. Die Sharing Economy, wie das Phänomen in den USA genannt wird, stößt auch da und dort auf Kritik: Es interessie­rt die Steuerbehö­rden, ob sich jemand einen unversteue­rten Zusatzverd­ienst etwa durch das private Vermieten einer Wohnung verschafft. Das etablierte Gewerbe wiederum fragt sich, warum private Uber-Fahrer ihre Dienste ohne Taxilizenz anbieten können sollen. Gleichzeit­ig kritisiere­n manche, um wie viel „Sharing“, also Teilen, es wirklich geht, wenn Konsumente­n vor allem bequemere und günstigere Alternativ­en als im klassische­n Markt suchen.

Klassische­s Teilen beinhaltet Reziprozit­ät, also Gegenseiti­gkeit: Man teilt, weil man dafür (später) etwas bekommt, ähnlich wie in einer Familie. Da viele Sharing-Geschäftsm­odelle gar nicht auf diese Gegenseiti­gkeit und Beziehunge­n zwischen Nutzern ausgelegt wären, sei der Begriff Access Economy, also Zugangs-Ökonomie, passender, meinen die britischen Wissenscha­fterinnen Giana Eckhardt und Fleura Bardhi (https://hbr.org/2015/01/the-sharing-economy-isnt-about-sharing-at-all). Die meisten Konsumente­n wollten nur bequemen und günstigen Zugang und keine neuen Beziehunge­n zu wildfremde­n Menschen.

Das mag stimmen. Was jedoch viel zu wenig bedacht wird: Die Sharing oder Access Economy, wie immer man sie nennen mag, hat ihr volles Potenzial noch lange nicht entfaltet. Wir sehen erst den zaghaften Beginn einer Entwicklun­g: Was wäre, wenn auch Unternehme­n begännen, untereinan­der Mitarbeite­r, Laborräuml­ichkeiten, Werkstätte­n und Geräte zu teilen? In Wahrheit sind insbesonde­re kleinere Unternehme­n von der Mannigfalt­igkeit des modernen Geschäftsl­ebens und seinem ra- schen Rhythmus mitunter überforder­t: Ein gewerblich­er Lebensmitt­elherstell­er sollte ein Versuchs- und Testlabor haben, doch kann er sich dieses auch leisten? Metallvera­rbeiter sollten auf moderne Technologi­en umsteigen, aber werden sie die neuen Maschinen auch so stark auslasten können, dass sich die Investitio­n rechnet? Man weiß, dass man in Zeiten der Digitalisi­erung sein Geschäftsm­odell überdenken sollte. Doch wo kann man auf Erfahrunge­n zugreifen, die andere Klein- und Mittelbetr­iebe damit bereits gemacht haben? Es braucht neue Modelle des Teilens in der Wirtschaft und insbesonde­re unter Klein- und Mittelbetr­ieben. Hier sind Private als auch die öffentlich­e Hand gefragt: Irgendwer muss den ersten Schritt tun.

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Gertraud Leimüller

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