Ein entfesselter Pep
Bayern-Trainer Guardiola hatte zuletzt schwierige Zeiten zu überwinden. Der Sieg gegen Porto war vor allem ein Erfolg als Krisenmanager.
MÜNCHEN, SALZBURG. Der Mann stand an der Seitenlinie, fuchtelte mit seinen Armen und sprang wild herum. So wild, dass sogar die linke Hosenseite aufgerissen wurde. Sichtbar für alle in der Allianz-Arena in München. Ein Fressen für die internationalen Fotografen. Immer wieder beorderte Pep Guardiola die Spieler zu sich und erklärte ihnen lautstark und in einem Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch taktische Feinheiten. Zu diesem Zeitpunkt stand es im Viertelfinale zwischen dem FC Bayern und Porto 5:0. Für die Münchner. Damit waren sie fix im Halbfinale der Champions League und hatten souverän und mit begeisterndem Spiel ein 1:3 aus dem Hinspiel wettgemacht. Der Vorsprung war für den Tüftler offensichtlich noch zu wenig.
Aber wie tickt der Cheftrainer des „FC Hollywood“wirklich? Wie hat der 44-jährige Spanier aus seinen Spielern mit dem Rücken zur Wand an diesem Abend das Beste herausholen können? Ein Erklärungsversuch über den vermutlich besten Fußballtrainer der Welt.
Motivation
Guardiola ist heißblütig. Er leidet sichtlich, die Spieler sehen in ihm: Er meint es ernst. Die Spieler wissen bei „Pep“, dass er bereit ist, mit ihnen zu kämpfen. Er umarmt seine Spieler und klopft ihnen auf den Rücken. Er motiviert nicht nur mit Worten. Die Spieler antworten ihm in ähnlicher Weise. Siehe, wenn der Torjubel von Jérôme Boateng und Co. direkt zum Trainer führt. Einmal sagte Guardiola zu seinem Kapitän Philipp Lahm euphorisch: „Philipp, ich liebe dich. Danke für deinen großartigen Einsatz.“
Neugier
Pep Guardiola liest sehr viel. Nicht nur Fußball-Literatur. Das bestätigt sein spanischer Freund und Journalist Martí Perarnau, der den BayernTrainer ein Jahr begleiten durfte und das Buch „Herr Guardiola“verfasste. „Pep liest alles, wovon er denkt, es könnte für ihn von Interesse sein. Egal ob es um Fußball oder um die Entstehung eines Musikwerks geht“, weiß Perarnau. Das Wissen von anderen Trainern, auch aus anderen Sportarten, wird aufgesaugt. Perarnau weiter: „Er befragt seine Gesprächspartner mit der Neugier eines Kindes. Er fragt nicht aus Höflichkeit, sondern aus Eigeninteresse.“
Überzeugung
Der Spanier ist beim FC Bayern von seiner Aufgabe überzeugt. Er hat die erfolgsverwöhnten Münchner, damals das beste Team der Welt, noch besser gemacht. Noch selbstbewusster. Obwohl er zu Beginn seines Traineramtes einmal meinte: „Um besser zu werden, muss man zunächst schlechter werden.“Will sagen: Am Anfang musst du vieles umkrempeln und sogar Rückschläge in Kauf nehmen, um dann längerfristig für Siege zu sorgen. Überzeugung heißt bei Guardiola nicht Selbstgerechtigkeit. Restzweifel bleiben. Wie vor dem Porto-Spiel, als er Bedenken über ein Weiterkommen öffentlich machte.
Gefühle
Pep Guardiola lässt seinen Gefühlen und Emotionen freien Lauf. Das macht sympathisch und ist authentisch. Für die Öffentlichkeit und für die Spieler. Wenn er sich Sorgen macht, dann kratzt er sich am Kopf. Er will aber kein Superheld sein.
Zweifel
Zufriedenheit gibt es bei Pep Guardiola nie. Auch nach Siegen meint der Erfolgstrainer: „Wir haben nicht so gut gespielt, wie wir hätten spielen können.“Das Spiel wird mit den engsten Mitarbeitern kühl analysiert. Die nächste Aufgabe wartet. Normalerweise gestattet Guardiola sich selbst fünf Minuten, um einen Sieg zu feiern. Vielleicht war der Mittwoch die Ausnahme, nach dem grandiosen 6:1 gegen Porto.