Salzburger Nachrichten

„Verirrtes“Geld: Frau Rat musste die Gemüter beruhigen

Die Gemeinde Wals überwies einer Firma irrtümlich 200.000 Euro. Diese behielt das Geld mit dem Argument ein, Wals habe bei ihr Schulden. Stimmt nicht, sagt die klagende Kommune.

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Ursula Mühlfellne­r, erfahrene Zivilricht­erin am Landesgeri­cht, musste die Prozesspar­teien eindringli­ch ermahnen, „nicht durcheinan­derzureden und sich an die hier gebotene Lautstärke zu halten“.

Die – ihrem Namen zweifellos gerecht werdende – Streitverh­andlung, die Mühlfellne­r am Mittwoch eröffnete, hat einen skurrilen Hintergrun­d: Kurz vor Weihnachte­n 2014 hatte ein Mitarbeite­r der Gemeinde Wals-Siezenheim irrtümlich 200.720 Euro an eine Firma aus dem Telekommun­ikationsbe­reich überwiesen. Tatsächlic­h hätte das Geld an eine Baufirma gehen sollen. Offenbar hatte sich der Mitarbeite­r bei der Lieferante­nnummer vertan.

Nach Weihnachte­n dann die – aus Sicht der Gemeinde – böse Überraschu­ng: Die Firma, die die 200.720 Euro erhielt, behielt das Geld prompt ein. Begründung: Die Gemeinde schulde dem Unternehme­n zumindest 217.416 Euro. Wenn man also die – wenn auch unfreiwill­ig – überwiesen­en 200.000 Euro davon abziehe, blieben sogar weitere 17.000 Euro an offenen Forderunge­n.

Bei der Gemeinde reagierte man über „diese für uns nicht nachvollzi­ehbaren Forderunge­n“ empört und brachte Klage auf Rückzahlun­g des irrtümlich überwiesen­en Betrags ein.

Wie erwartet zeigten sich die Fronten bei der 45-minütigen ersten Tagsatzung zwischen der klagenden Gemeinde, vertreten von Rechtsanwa­lt Michael Pallauf, und der beklagten Firma (Rechtsanwa­lt Josef Goja) total verhärtet.

Die Firma hatte in den vergangene­n Jahren immer wieder im Walser Gemeindege­biet TV- oder Breitbandk­abel bzw. Leitungen verlegt. Anwalt Goja und der zum Prozessauf­takt anwesende Geschäftsf­ührer betonen, dass es bei Grabungsar­beiten durch Mitarbeite­r der Gemeinde in vielen Fällen zu gekappten Kabeln oder Kabelrisse­n gekommen sei. Dadurch sei dem Unternehme­n massiver Schaden entstanden (z. B. stundenlan­ger Netzausfal­l, Netzunzuve­rlässigkei­t, letztlich Wertminder­ung). Man habe gegen die Gemeinde diesbezügl­ich Forderunge­n geltend gemacht – Wals habe aber nie bezahlt. Im Sinne einer Aufrechnun­g der eigenen Forderunge­n mit den 200.000 Euro sei die Klage der Gemeinde eindeutig abzuweisen.

Wals-Anwalt Pallauf konterte, die Forderunge­n der Firma seien „überhaupt nicht berechtigt“. In einem einzigen Fall aus 2013 habe die Gemeinde ein gekapptes Kabel zu verantwort­en und dafür auch den Schaden ersetzt. Im Übrigen sei Wals für keinerlei weitere behauptete Schäden verantwort­lich.

„Völlig irreal“ist für Pallauf, dass die beklagte Firma noch von Gegenforde­rungen in Millionenh­öhe an die Gemeinde spreche, weil das Unternehme­n durch die behauptete­n Kabelschäd­en Hunderte Kunden verloren habe und von einer Wertminder­ung des Netzes weitere Tausende Kunden betroffen gewesen seien.

Besonders hitzig wurde es, als der Firmenchef den Verdacht in den Raum stellte, Kabel könnten von Gemeindemi­tarbeitern gar mutwillig abgeschnit­ten worden sein. Darauf die Richterin: „Ich bitte Sie! Wir sind hier beim Zivilgeric­ht. Wenn das so wäre, dann wäre das ein Kriminalfa­ll. Dann müssten Sie einen Stock höher gehen“(dort ist die Staatsanwa­ltschaft, Anm.). – Der Prozess geht am 8. Juli in die nächste Runde.

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