„Eine Warteliste für Sterbende ist ein Hohn“
Die Caritas kann den Bedarf an mobiler Hospiz- und Palliativversorgung nicht decken. Direktor Johannes Dines fordert mehr Geld für den Bereich.
35 Mitarbeiter der Caritas versorgten 2014 knapp 400 Patienten in den letzten Tagen ihres Lebens. Der Bedarf wäre größer, sagt die Caritas. SN: Drei private Organisationen kümmern sich in Salzburg um die Hospizund Palliativbetreuung. Warum auch die Caritas? Johannes Dines: Wir waren ja in den 1990er-Jahren Mitbegründerin der Hospizbewegung. Aus unserer Sicht muss es Menschen ermöglicht werde, von der Geburt bis zum Tod in Würde zu leben. Dazu gehört die Zeit des Abschiednehmens und Sterbens. Sterben in Würde muss ermöglicht werden. Das ist ein zentrales Anliegen, das wir als Caritas von unserem christlichen Auftrag her auch haben. Die Caritas kümmert sich im Bundesland Salzburg um die flächendeckende Hospizund Palliativbetreuung mit mobilen Teams. Diese Betreuung ist auch die beste Prävention für den Wunsch nach Sterbehilfe: Wenn Menschen gut betreut werden und nicht das Gefühl haben, sie fallen nur zur Last oder sie kommen mit ihren Schmerzen nicht zurecht, ist dieser Wunsch verschwindend. Das hat auch eine parlamentarische Enquete zu dem Thema im Vorjahr gezeigt. SN: Die stellte auch fest, dass es ein öffentliches Interesse an Palliativversorgung gibt. Trotzdem müssen private Organisationen dafür aufkommen. Ein Teil der Leistung ist ja finanziert, aber die Finanzierung ist nicht ausreichend, um dieses Angebot flächen- und bedarfsgerecht anbieten zu können. Wir haben immer wieder Situationen, in denen wir Menschen absagen müssen. Menschen am Ende ihres Lebens auf Wartelisten zu setzen, ist ein Hohn. Es passiert immer wieder, dass Menschen anrufen und sagen: „Jetzt braucht ihr nicht mehr kommen, unser Angehöriger ist verstorben.“Deshalb können wir unsere Arbeit auch nicht stärker bewerben. Und deshalb ist es auch relativ schwierig, im ärztlichen Bereich Personal zu finden. Wir können uns nämlich nur Anstellungen von 30 oder 35 Prozent leisten. Die sind für viele Ärzte nicht interessant.
Wir tun uns diese Arbeit an, weil uns das Thema wichtig ist und wir uns fragen: Was wäre, wenn wir es nicht tun würden? Und wir versuchen, dass wir die Arbeit in einem gewissen Ausmaß verantwortungsvoll ausführen. Auch mit der Hilfe von Spenden. Das würde es in dieser Form und Qualität ohne uns nicht geben. SN: Die Forderung nach mehr finanziellen Mitteln steht also im Raum. Jetzt könnte ein Steuerzahler sagen: Müssen wir fürs Sterben auch noch bezahlen? Menschen, die zu Hause von Angehörigen gepflegt werden und nicht von mobilen Teams oder in anderer Form unterstützt werden können, haben ja gar keine andere Möglichkeit, als bei Problemen in stationäre Versorgung ins Spital zu gehen. Und stationäre Versorgung ist das Teuerste im Gesundheitssystem. Die Leute kommen dann oft auf die Intensivstation, weil es auch im Spital nur wenige Palliativplätze gibt. Die Akutbetten sind die teuersten in der Finanzierung des Gesundheitssystems. Und auch in Pflegeheimen sind die Kosten viel höher als im mobilen Bereich. In Summe sind wir überzeugt, dass wir mit unserer Arbeit die stationäre Versorgung entlasten können. Da geht der Zug im Gesundheitssystem auch hin. SN: Sie sagen: Eine Investition in Ihre mobilen Palliativteams könnte Kosten sparen? Auf die Schnelle natürlich nicht. Aber mittel- und langfristig könnten wir massiv Kosten senken. Wir reden ja nicht von Unsummen. In einem ersten Schritt rede ich von rund 150.000 Euro, die man jährlich zusätzlich bräuchte, um stärker zu werden. SN: Ihre Forderungen wurden ja von der parlamentarischen Enquete unterstützt. Wie viel davon ist umgesetzt? In Salzburg gibt es ja schon eine abgestufte Palliativversorgung: Es gibt die entsprechende Station im Krankenhaus, dann gibt es das stationäre Raphael-Hospiz, wir haben ein Tageshospiz und die mobile Betreuung. Was uns fehlt, ist eine Versorgung im Kinderund Jugendbereich. Da gibt es nichts. Und es fehlen uns die Mittel, das Angebot bedarfsgerecht