Kärnten kämpft gegen Pleite
Experten sagen, dass auch ein Bundesland in Konkurs gehen kann. Vor diesem Hintergrund drängt Kärnten auf einen raschen 340-Millionen-Euro-Kredit des Bundes.
Kärnten steht vor einem finanziellen Desaster. Das Bundesland benötigt dieses Jahr noch 340 Millionen Euro, um seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Das Problem: Die Banken leihen dem Land kein Geld mehr, weil es zum einen finanziell grundsätzlich nicht besonders solide aufgestellt ist, und zum anderen, sollten die Haftungen für die Hypo Alpe Adria schlagend werden, die Pleite droht. Die einzige Hoffnung ist, dass der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) das nötige Geld bereitstellt. Allerdings will das Finanzministerium das nur machen, wenn sichergestellt ist, dass Kärnten den Kredit auch zurückzahlen kann. So drängt das Ministerium auf ein Sanierungsprogramm, das die finanzielle Schieflage des Landes nachhaltig bereinigen soll. Von Vorgaben aus Wien will Kärnten nichts wissen.
Am Donnerstag hat die Kärntner Landesregierung mit Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Hans Jörg Schelling über die Kredite verhandelt. Konkrete Ergebnisse gab es nicht. LH Peter Kaiser (SPÖ) sagte nach der Sitzung, dass der Bund grundsätzlich bereit sei, das Geld zur Verfügung zu stellen. Das Land werde die Kredite besichern. Wie die Besicherung aussehen soll, wollte Kaiser nicht sagen. Die Details waren aber bereits im Vorfeld der Verhandlung ein Zankapfel. Grundsätzlich war der Bund auch bisher immer schon bereit, Kredite zu gewähren.
Der frühere Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) mahnte am Donnerstag zu einer gemeinsamen Vorgangsweise von Bund und Land Kärnten. Ein Knebelungsvertrag zulasten Kärntens könne nicht funktionieren.
Kärnten hatte in den vergangenen Tagen jedenfalls erheblich Druck gemacht. Die Landesregierung hat alle Ermessensausgaben für die kommenden Monate ausgesetzt. So werden nur noch Leistungen finanziert, die per Gesetz vorgesehen sind. Derzeit gibt es darum keine Förderungen für Solaran- lagen, kein Babygeld, keine Förderungen für Sport- und Musikvereine.
Wie auch immer die Verhandlungen ausgehen, Österreichs südlichstes Bundesland wird wohl auch auf sein eigenes Vermögen zurückgreifen müssen. Und das ist durchaus beträchtlich. Geparkt ist es in der Kärntner Landesholding. Dort sind etwa die 500 Millionen Euro investiert, die Kärnten aus dem Verkauf der Hypo Alpe Adria geblieben sind. Aber auch die Anteile des Landes am Energieversorger Kelag sind einiges wert. Experten schätzen den Wert dieser Beteiligung auf 250 bis 300 Millionen Euro. An der Verbund-Wasserkraft ist Kärnten ebenfalls beteiligt.
Die derzeitigen finanziellen Schwierigkeiten Kärntens sind aber nichts im Vergleich zu dem, was dem Bundesland blühen könnte, wenn die Haftungen, die das Land für die ehemalige Hypo Alpe Adria eingegangen ist, schlagend werden. 10,5 Milliarden Euro betragen sie derzeit. Sollte der Fall eintreten, ist Kärnten von einem Tag auf den anderen ein Konkursfall. Der Rektor der Uni Linz, der Jurist Meinhard Lukas, sagt, dass eine Insolvenz eines Bundeslandes rechtlich möglich sei. „Die meisten Juristen gehen davon aus.“Dabei würden, so wie bei jeder anderen Insolvenz, die Vermögenswerte verkauft und das Geld unter den Gläubigern aufgeteilt. Dass es kein Insolvenzrecht für Bundesländer gebe, sei kein Problem. Man müsste sich an die Regeln anlehnen, die für Gemeinden gültig sind. Dann gelte es zu definieren, welche Vermögenswerte notwendig seien, damit das Land seine hoheitlichen Aufgaben, etwa in den Bereichen Bildung und Spitäler, aufrechterhalten kann. Lukas empfiehlt, dass der Bund rasch ein eigenes Insolvenzrecht für Bundesländer beschließen sollte. Dieses könnte dann im Fall des Falles in Kärnten angewandt werden. „Bei dieser Gelegenheit wäre eine Anlassgesetzgebung durchaus vertretbar“, sagt er.